Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in Celle hat im November geurteilt, dass per E-Mail eingelegte Widersprüche gegen HARTZ IV-Bescheide dem Schriftformerfordernis nicht genügen und deshalb unwirksam sind. Die mit der E-Mail angegriffenen Bescheide des Jobcenters oder des Sozialamtes werden mit Ablauf der Widerspruchsfrist rechtskräftig und können nicht weiter angefochten werden. Das teilte die Pressestelle des Gerichts am Montag in einer Pressemitteilung mit.
Geklagt hatte ein Ehepaar aus Lüneburg, dem das örtliche Jobcenter ein nach Meinung des Ehepaares zu geringes Arbeitslosengeld festgesetzt hatte. Gegen den Bescheid des Jobcenters haben die Kläger nur mit einfacher Mail Widerspruch eingelegt. Vor Gericht vertraten sie die Auffassung, dies müsse der Schriftform, zumindest aber dem "elektronischen Rechtsverkehr" genügen. E-Mails gehörten schließlich zur "ganz normalen täglichen Kommunikation". Zudem sei für einen normalen Menschen nicht nachzuvollziehen, warum Unterschiede zwischen E-Mail und Fax gezogen würden.
Bereits das Sozialgericht erster Instanz hatte die Klage abgewiesen. Das Landessozialgericht bestätigte nun dessen Rechtsauffassung: Einfache E-Mails genügen der Schriftform, in der ein Widerspruch einzulegen ist, nicht, weil es keine handschriftliche Unterschrift des Widersprechenden enthält. Es ist aber auch kein elektronischer Rechtsverkehr im Sinne des Gesetzes: Zwar könne ein Widerspruch auch in elektronischer Form eingereicht werden, allerdings sei dann eine qualifizierte elektronische Signatur oder eine absenderauthentifizierte Übersendung (z.B. als De-Mail) erforderlich. Demgegenüber reiche eine einfache E-Mail nicht aus, so die Richter in der Urteilsbegründung.
Seit der Gesetzgeber die Möglichkeit des elektronischen Rechtsverkehrs gesetzlich geregelt hat, und die Behörden ihre Rechtsmittelbelehrungen um den Hinweis darauf erweitert haben, verstehen juristische Laien fälschlich unter "elektronischem Rechtsverkehr" auch die Kommunikation per einfacher E-Mail. In diesem Irrtum legen Rechtssuchende häufig ohne anwaltlichen Rat Widersprüche per E-Mail (und somit unwirksam) ein und lassen die Widerspruchsfrist in dem Glauben verstreichen, alles richtig gemacht zu haben. Das führt zu dem bitteren Ergebnis, dass selbst rechtswidrige Bescheide des Jobcenters oder anderer Behörden bestandskräftig werden und nicht mehr beseitigt werden können.
Das Landessozialgericht hat die häufig missverstandenen Rechtsmittelbelehrungen in seinem Urteil jedoch nicht beanstandet: Sie genügen nach dessen Auffassung den Anforderungen an eine wirksame Rechtsmittelbelehrung.
Es bleibt dem Bürger somit nur in der Kommunikation mit den Behörden (nicht nur mit dem Jobcenter!) auf die Einhaltung der klassischen Schriftform und das Vorliegen einer lesbaren handschriftlichen Unterschrift sowie Zustellnachweise zu achten.
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