Die Corona-Maßnahmen belasten vor allem Kinder und Jugendliche. Besonders in Bayern haben die akuten Notfälle zugenommen, bestätigt Marcel Romanos, Klinikchef in Würzburg und Vize-Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie (DGKJP) gegenüber dem BR. Er sagt:
"Das löst eine hohe Belastung aus."
Bayern habe grundsätzlich zu wenig Betten für psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche, so die Kritik der Fachgesellschaft. Jetzt habe die vierte Corona-Welle die Situation noch verschlimmert. Die Situation sei untragbar, sagt auch die bayerische SPD-Chefin Ronja Endres. Bayern habe seit Jahren versäumt, die notwendige Infrastruktur für die Jüngsten zu schaffen. Sie stellt klar heraus:
"Jetzt haben wir gerade bei den Schutzbedürftigsten lebensbedrohliche Zustände. Wir brauchen ein Sofortprogramm, das sowohl Containeranbauten zur Lösung des schieren Platzproblem vorsieht als auch ambulante Wohngruppen und andere ambulante Angebote, um erkrankte Kinder- und Jugendliche optimal nachbetreuen zu können."
Gerd Schulte-Körne, Chef der Münchner LMU-Kinder- und Jugendpsychiatrie bestätigt das:
"Die Zahl der Notfälle hat seit Wochen enorm zugenommen."
Auch seine Klinik ist mehr als ausgelastet – hier liegen ebenfalls Matratzen auf dem Boden. Die jungen Patienten erzählten Schulte-Körne, sie hätten wenig Hoffnung für ihre Zukunft. Denn eines haben sie in der Corona-Krise gelernt:
"Sie wurden nicht gehört, standen nicht im Fokus des Interesses, im Gegenteil. Vieles mussten die jungen Menschen ausbaden."
Wenn ein Kind dann keine Resilienz entwickeln könne und keine Unterstützung erfahre, zum Beispiel in der Familie, dann ginge es den Kindern und Jugendlichen wirklich schlecht, so Gerd Schulte-Körne. Franz Joseph Freisleder von der Münchner Heckscher Klinik fordert ein schnelles Handeln der Politik hinsichtlich Pflegekapazitäten und Corona-Maßnahmen.
"Wenn sich die angespannte Lage nicht bald beruhigt, dann schwant mir Übles für die weitere psychische Entwicklung der Kinder und Jugendlichen."
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