"Et hätt noch immer jot jejange" – Kölner Karnevalsverein darf "Passierscheine" ausstellen

Für den Beginn des Karnevals am 11. November 2021 hat die Stadt Köln selbst im Freien teilweise 2G-Regeln angeordnet. Es gelten strenge Zutrittsverbote, nicht einmal das Mitführen von Sackkarren ist erlaubt. Aber ein Karnevalsverein darf "Passierscheine" ausstellen.

Die Stadt Köln hat am 5. November 2021 per "Allgemeinverfügung" Anordnungen erlassen, die das Betreten bestimmter Gebiete der Kölner Innenstadt für den Beginn des Karnevals am 11. und 12. November 2021 bis ins Allerkleinste regeln – einschließlich genauer Bestimmungen für ein "Mitführverbot von Handkarren und ähnlichen Gefährten". Das Besondere in diesem Jahr: Ein Kölner Karnevalsverein kann "Passierscheine" für die betroffenen Straßenzüge ausstellen. Selbstverständlich steht das karnevalistische Treiben mindestens unter dem strengen Vorbehalt der 3G-Regeln auch im Freien.

Wie es sich für einen ordentlichen deutschen Verwaltungsakt gehört, werden auf 14 Seiten die Anordnungen selbst, dann aber auch eine eingehende Begründung samt Lageplänen geliefert. Demnach ist das Betreten der ausgewiesenen Gebiete der Kölner Altstadt und des Zülpicher Viertels vom 11. November 2021 um 8 Uhr bis zum 12. November 2021 um 8 Uhr "nur immunisierten oder speziell getesteten Personen gestattet".

Corona-Regeln also, wie sie für die "neue Normalität" charakteristisch sind. Aber keine Regel ohne Ausnahme: Denn ausgenommen von den Zutrittsbeschränkungen sind laut Allgemeinverfügung "weiterhin durch Personalausweis oder sonstigen Wohnortnachweis ausgewiesene Anwohner, Pressevertreter mit Presseausweis sowie Gewerbetreibende und ihre Beschäftigten." Zur Regelung dieser Ausnahmen im Altstadtbereich bedient sich die Stadt Köln der Mithilfe des Karnevalsvereins "Willi-Ostermann-Gesellschaft Köln 1967 e. V.":

"Parallel dazu bietet der Veranstalter in der Altstadt, die Willi-Ostermann-Gesellschaft Köln 1967 e. V., ab dem 06.11.2021 die Möglichkeit für alle drei Personengruppen Passierscheine auszustellen. Diese sind unter der Adresse Alter Markt 8, 50667 Köln zu erhalten. Die Anwohner*innen und Gewerbetreibende wurde hierüber im Vorfeld informiert."

Die Karnevalsgesellschaft schreibt selbst dazu auf ihrer Webseite:

"Am Samstag, den 06.11.2021 eröffnen die Willi Ostermann Gesellschaft ein Bürgerbüro am Alter Markt [so im Original]. In dem Bürgerbüro sollen Gewerbetreibende, Anwohner und Berufstätige Unterstützung finden. Gegen Vorlage eines entsprechenden Nachweises werden Passierscheine für Anwohner und Angestellte ausgestellt. Mit den ausgestellten Formularen können die Betroffenen am 11.11.2021 die Kontrollen unkomplizierter und schneller passieren."

Für das Zülpicher Viertel können sich die Anwohner per Ausweis oder "sonstigen Wohnortnachweis" legitimieren. Gewerbetreibende und deren Beschäftigte hatten die Möglichkeit, von der Stadt Köln "Zugangsberechtigungen" zu erhalten.

Für Nichtkarnevalisten mutet folgende Bestimmung etwas aus der Zeit gefallen an: Denn für beide ausgewiesene Gebiete ist das "Mitführen von Handkarren, Sackkarren, Trolleys oder ähnlichen Gefährten (…) in den in den anliegenden Lageplänen gekennzeichneten Bereichen der Kölner Altstadt und des Zülpicher Viertels" am 11./12. November 2021 "verboten".

Trolleys mögen zum heutigen Straßenbild gehören, wobei dieser Anglizismus sich nicht jedem Leser sogleich erschließen mag – "Rollkoffer" wäre womöglich verständlicher gewesen. Was die Handkarren und Sackkarren in der Kölner Altstadt angeht, scheint der Stadt Köln eine Reglementierung im Sinne des Infektionsschutzes offenbar dringend vonnöten zu sein.

Auf jeden Fall lohnt auch ein Blick auf Seite 2 der Allgemeinverfügung, auf der die Verbotszone der Kölner Altstadt in Worten, Straßenzug für Straßenzug, bis auf einzelne Hausnummern und Fassaden, für die einzelnen Adressen bis ins Detail beschrieben wird – einige Beispiele für die benutzten Wendungen:

"beginnend an der nordwestlichen Ecke des Hauses", "entlang der östlichen Gebäudefassade", "bis mittig Hausnummer 3–5" oder "von dort an diagonal verlaufend bis zur nordöstlichen Ecke".

Mit solch klaren Anleitungen ausgestattet, wird der Kölner Ordnungsdienst seinen nicht einfachen Aufgaben bestimmt problemlos nachkommen können.

Auch die Begründung der Allgemeinverfügung hält ein paar bemerkenswerte und schöne Stellen bereit. So heißt es dort, selbstverständlich sensibel gegendert:

"Insbesondere in den Bereichen der Platzfläche des Heumarktes sowie auf dem Alter Markt vor der Videowand ist mit einer hohen Besucher*innendichte von rund 2 Personen pro Quadratmeter analog zu Konzertveranstaltungen (…) auszugehen. Vor der Bühne wird es entsprechend der Vorjahre wieder einen geschlossenen Bereich geben, für den der Veranstalter Eintrittskarten verkauft (…). Der Veranstalter hat im Vorfeld erklärt, dass der Ticketerwerb für diesen Bereich (…) an die sogenannte 2G-Regel (geimpft und genesen) geknüpft ist."

Es bleibt beim Straßenkarneval also nicht bei der 3G-Regel im Freien, sondern es gibt Verschärfungen innerhalb der beschriebenen Verbotszone.

Weiter heißt es zum Charakter der Kölner Festivitäten an anderer Stelle der Begründung in schönstem Amtsdeutsch:

"Bei den Veranstaltungen in der Kölner Altstadt und im Zülpicher Viertel handelt es sich um große Straßenkarnevalspartys, die aufgrund ihres spezifischen Gepräges (Singen, Schunkeln, Tanzen) als Tanzveranstaltungen anzusehen sind, bei denen aufgrund der dicht gedrängten Menschenmengen von jeweils tausenden feiernden Menschen der empfohlene Mindestabstand von 1,5 Metern regelmäßig nicht eingehalten werden kann."

Nachdem der Karneval im letzten Jahr coronabedingt ausgefallen war, unterliegt der närrische Frohsinn 2021 nun also eingehenden rechtlichen Begriffsbestimmungen und Reglementierungen. Auch Grundsätzliches bleibt nicht ausgespart:

"Das Coronavirus wird von Mensch zu Mensch übertragen. Hauptübertragungsweg ist die Tröpfcheninfektion. (…) Vor diesem Hintergrund hat die aktuell gültige Coronaschutzverordnung (…) angeordnet, dass Veranstaltungen im Freien mit mehr als 2500 Teilnehmern (Großveranstaltungen), bei denen voraussichtlich die Einhaltung des Mindestabstandes von 1,5 Metern nicht sichergestellt ist, nur von geimpften, genesenen oder getesteten Personen besucht werden dürfen."

Für "Tanzveranstaltungen" beschränkt die Coronaschutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen "den Zutritt auf geimpfte, genesene und getestete Personen mit einem höchstens 48 Stunden zurückliegenden PCR-Test oder einem höchstens sechs Stunden zurückliegenden Antigen-Schnelltest".

Sicherlich werden im Gedränge an den Kontrollstellen der Impf- und Teststatus genaustens bei allen Besucherinnen und Besuchern überprüft werden.

Was das "Mitführverbot von Handkarren, Sackkarren, Trolleys oder ähnlichen Gefährten in den in den anliegenden Lageplänen gekennzeichneten Bereichen" betrifft, so könnten die Ordnungsbehörden "die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren." Und dieses Mitführverbot sei eben eine "notwendige Maßnahme in diesem Sinne".

Bemerkenswert ist auch die angestrebte hohe Regelungsdichte im Hinblick auf Sackkarren und ähnliche Gefährte für das Zülpicher Viertel.

"In den vergangenen Jahren ist es darüber hinaus zunehmend vorgekommen, dass Feiernde auch Handkarren, Sackkarren, Trolleys oder ähnliche Gefährte mitführen und diese dort im Bereich der Personenansammlungen abstellen. Diese Gefährte dienen dann beispielsweise als Sitzmöglichkeit, Lagerstätte für insbesondere alkoholische Getränke und/oder auch als Träger für Beschallungsanlagen."

Die Risiken, die mit diesen Fahrzeugen verbunden sind, hat die Stadt Köln sehr genau im Blick – auch unter Corona-Gesichtspunkten:

"Diese Fahrzeuge führen dann im Verlauf des Tages dazu, dass sich um die Fahrzeuge herum Feiernde in größeren Gruppen ansammeln und einen kompakten Pulk bilden. Dies wiederum führt dazu, dass andere Feiernde diese Bereiche nicht mehr oder nur noch sehr erschwert durchqueren können."

Nicht zuletzt würden die "Ordnungs-, Sanitätsdienst- und Polizeikräfte" durch diese und ähnliche Gefährte "massiv" in ihrem Einsatz behindert. Schließlich heißt es warnend mit Blick auf diejenigen Karnevalisten, die der Allgemeinverfügung zum Trotz "Handkarren, Sackkarren, Trolleys oder ähnliche Gefährte" mit sich führen, dass sie dann in den gekennzeichneten Bereichen als "Störer" gelten, weil von den Gefährten eine "unmittelbare Gefahr von unsichtbaren Hindernissen und Stolperfallen in dicht gedrängten Menschenmengen" ausginge.

Es ist nicht etwa so, dass die Kölner Karnevalsvereine diese einschränkenden Regelungen ablehnen, ganz im Gegenteil. Bereits im September 2021 zeigte man sich einig mit der staatlichen und städtischen Verwaltung, wie auf der Webseite der Willi-Ostermann-Gesellschaft nachzulesen ist, und forderte: "Drastische Einschränkungen sind nötig." Auch für den unorganisierten Karneval auf der Straße sei – entsprechend den Empfehlungen der Landesregierung – ein "Alkohol- und Verweilverbot an neuralgischen Stellen auszusprechen". Die Allgemeinverfügung der Stadt Köln nimmt diesen Punkt, wie oben gezeigt, auf.

Bei so viel Einverständnis zwischen staatlichen Stellen und Karnevalsvereinen – kein Wunder angesichts der traditionell engen Verbindungen zwischen den Stadtoberen und dem Establishment in den Vereinen – erstaunt es auch nicht, dass ein Karnevalsverein sich zum Erfüllungsgehilfen der Politik macht. So kann die Stadt Köln Aufgaben auf andere abwälzen, die – wie die Ausgabe von Passierscheinen – eigentlich originär in öffentliche Hand gehören. Und nebenbei die Propagierung der verschärfenden "2G"-Regel einem Verein überlassen.

Wie bei anderen Auslagerungen staatlicher oder öffentlicher Aufgaben an private Unternehmen, die in letzter Zeit im Zuge von Corona häufig zu beobachten waren – Überprüfungen von Online-Inhalten durch multinationale Konzerne, private Zugangskontrollen durch Restaurants, um nur zwei Beispiele zu nennen –, hat diese besondere Form der Public-Private-Partnership zwischen Stadt und Verein ein gewisses Geschmäckle. Vielleicht ja nur für Außenstehende, die mit dem berühmt-berüchtigten "kölschen Klüngel" weniger vertraut sind.

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Information:

Sicherheit und Wirksamkeit der Corona-Impfstoffe sind umstrittene Themen. Zahlreiche Experten in Wissenschaft, Politik und Medien schätzen diese als sicher und effektiv ein, da sie das Risiko einer schweren COVID-19-Erkrankung stark verringern und die Vorteile einer Corona-Impfung deren Risiken und Nebenwirkungen überwiegen. Langzeitnebenwirkungen der Impfungen sind generell nicht bekannt. Nebenwirkungen wie der ADE-Effekt (antibody dependent enhancement, auf Deutsch: infektionsverstärkende Antikörper) wurden bisher bei weltweit Milliarden verabreichter Impfstoff-Dosen nicht berichtet. Auch dass Gensequenzen von beispielsweise mRNA-Vakzinen in die menschliche DNA eingebaut werden, gilt unter zahlreichen Experten als ausgeschlossen. Stellungnahmen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der bundesdeutschen Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) lassen sich hier und hier nachlesen.