Der Linken-Politiker Oskar Lafontaine hat in einem Facebook-Post die derzeitige Debatte um die Corona-Impfung kritisiert und dabei auch seine Ehefrau Sahra Wagenknecht verteidigt. Dabei beklagte er unter anderem das "erbärmliche Niveau der gegenwärtigen Debatte". Der frühere Parteivorsitzende der Linken und der SPD schrieb am Mittwoch unter der Überschrift "Zunehmende Intoleranz und Denkverweigerung":
"Dass Angst zu irrationalem Verhalten führt, ist aus der Psychologie bekannt. Daher ist es verständlich, dass auch in der Corona-Debatte Menschen ein Verhalten an den Tag legen, das sonst nicht zu erklären wäre, und absurde Thesen und wunderliche Meinungen vertreten. Beängstigend ist aber die Zunahme der Intoleranz und der Ausgrenzung Andersdenkender.
Als der Bayern-Profi Joshua Kimmich sagte, er sei noch nicht geimpft und warte auf einen klassischen Impfstoff, erntete er einen Shitstorm. Als der Philosoph Richard David Precht sich in der Diskussion mit Markus Lanz kritisch zur Kinder-Impfung äußerte, auf mögliche Langzeitfolgen der Impfung hinwies und keine rechtliche Basis für einen staatlichen Druck gegen Ungeimpfte sah, ("Ich würde Kinder sowieso niemals impfen, weil ein im Aufbau befindliches Immunsystem mit diesem Impfstoff zu bearbeiten – das würde ich nicht tun"), wurde er im Spiegel vorgeführt und beschimpft (Jens Berger auf den NachDenkSeiten).
Als Sahra Wagenknecht in der Talkshow mit Anne Will sagte, sie sei noch nicht geimpft und warte auf einen klassischen Impfstoff, konnte man das erbärmliche Niveau der gegenwärtigen Debatte wieder beobachten. Obwohl sie Älteren und Menschen mit Vorerkrankungen riet, sich impfen zu lassen, hinderte das Politiker, Journalisten und Nutzer der sozialen Medien nicht daran, sie als "Impfgegnerin" an den Pranger zu stellen. Man erinnert sich an Peter Scholl-Latours Begriff der medialen Massenverblödung.
Den Vogel schoss bei Anne Will wieder einmal Karl Lauterbach ab. Für ihn gibt es keine Spätfolgen einer Impfung ("Es ist noch nie passiert, dass eine Nebenwirkung erst sehr spät aufgetreten ist."). Damit steht er im offiziellen Gegensatz zum RKI, in dessen "Impfbuch für alle" es heißt: "Noch länger dauert die Beobachtung möglicher Spätfolgen. Denn natürlich kann man bei einer Impfung, die erst seit ein paar Monaten verabreicht wird, noch nicht wissen, ob und welche Spätfolgen nach ein paar Jahren auftauchen."
Ist das nicht peinlich? Deutschlands COVID-Papst, der das Ohr der Kanzlerin hat, und gleichzeitig in mehreren Talkshows sitzt, widerspricht vor einem Millionen-Publikum dem RKI?
Noch wirrer wurde es, als Lauterbach auf die bekannten Spätfolgen des Dengue-Fiebers hingewiesen wurde. Seine Antwort: "Das ist ein Unterschied, ob die Krankheit dann schwerer verläuft, wenn ich geimpft bin oder, äh, eine Nebenwirkung der Impfung. [...] Bei Dengue war das etwas anders, aber das ist ja keine Nebenwirkung der Impfung, sondern das ist ein schwerer Verlauf bei Infektion nach Impfung, aber keine Nebenwirkung der Impfung."
Ah so. Wenn du geimpft wirst und dadurch schwer erkrankst, ist das keine Folge der Impfung. Karl Lauterbach hat sich mit diesen hoch-wissenschaftlichen Ausführungen das Prädikat "Schwurbler des Tages" (Jens Berger) redlich verdient. Die Krönung der sich ausbreitenden Denkverweigerung und Intoleranz ist die Vorliebe vieler COVID-Politiker und Journalisten für 2-G. Geimpfte und Genesene dürfen sich auf Veranstaltungen ungetestet gegenseitig anstecken. Ein negativ getesteter Ungeimpfter, der andere nicht anstecken kann, darf nicht rein. Und wenn es danach Impf-Durchbrüche gibt, dann sind die Ungeimpften schuld."
Unterdessen berichtet das dem Werbekonzern Ströer gehörende Nachrichtenportal T-Online, dass es in der Linken erneute Bestrebungen gibt, Wagenknecht nach ihrem Fernsehauftritt aus der Partei auszuschließen. Es sei Beschlusslage der Partei, die Impfkampagne zu unterstützen. Wagenknecht mache das Gegenteil, so ihre Kritiker, und erhalte dafür "öffentlich Zuspruch aus den Reihen von AfD-Anhängern".
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