Viele Interessierte an den Entwicklungen rund um die Corona-Krise erinnern sich noch an bereits etwas zurückliegende Äußerungen des nunmehr noch geschäftsführenden Gesundheitsministers Jens Spahn, die er angesichts des Starts der Impfkampagne verbreiten ließ. So teilte Spahn etwa Anfang Juli mit, dass "viele Auflagen (...) nach und nach fallen" würden, "wenn alle ein Impfangebot bekommen haben". "Vor allem" sei aber entscheidend, dass "möglichst viele sich haben impfen lassen".
Noch etwas klarer und eindeutig klang es zuvor bereits beim Bundesaußenminister Heiko Maas: "Wenn alle Menschen in Deutschland ein Impfangebot haben, gibt es rechtlich und politisch keine Rechtfertigung mehr für irgendeine Einschränkung."
Den aktuellen Äußerungen der herrschenden Politiker nach zu urteilen, reiche jedoch das allen schon längst gemachte "Impfangebot" – und reiche selbst die mittlerweile erreichte beachtliche Impfquote – als Grundlage für eine Aufhebung der Freiheitsbeschränkungen heute nicht mehr aus. Stattdessen stehen vor allem den Menschen, die das gemachte Angebot bislang immer noch abgelehnt haben, weitere Einschränkungen ins Haus, um mutmaßlich diejenigen, die bereits den angeblich "vollständigen Impfschutz" genießen, nicht zu gefährden.
Teilte Spahn noch Ende August mit:"Wir impfen Deutschland zurück in die Freiheit", so scheint diese Freiheit heute alles andere als zum Greifen nahe. Dafür ist es nun der kommende Winter und mit ihm die nunmehr "Vierte Welle", die unaufhaltsam näher rücken.
Und angesichts der steigenden Corona-Zahlen nimmt nun auch die Debatte um die sogenannten Auffrischungsimpfungen weiter an Fahrt auf. Der Bild am Sonntag gegenüber teilte Spahn mit:
"Aktuell reicht das Booster-Tempo in Deutschlands Praxen nicht. Wir brauchen einen Booster-Gipfel von Bund und Ländern."
Es seien aktuelle Daten aus Israel, die belegen würden, "dass das Boostern einen ganz entscheidenden Unterschied macht, um die vierte Welle zu brechen". Rückendeckung erhält der CDU-Politiker in Sachen Booster-Gipfel etwa vom CSU-Chef Markus Söder und von dem SPD-Politiker und Gesundheitsökonomen Karl Lauterbach.
Außerdem dringt Spahn auf einen Einsatz der "Booster" auf möglichst breiter Front zum Schutz vor COVID-19 in den kalten Monaten. Darüber sollten die Länder nun alle Über-60-Jährigen informieren, heißt es in einem Beschlussentwurf des Bundes für die Konferenz der Gesundheitsminister der Bundesländer Ende der Woche. Ergänzend könnten Auffrischungsimpfungen auch "grundsätzlich allen Personen angeboten werden, die diese nach Ablauf von sechs Monaten nach Abschluss der ersten Impfserie wünschen". Zuerst berichteten die Zeitungen der Funke Mediengruppe darüber. Hingegen erklärte der Präsident der Bundesärztekammer Klaus Reinhardt gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND):
"Für die Notwendigkeit von Auffrischimpfungen für Menschen jeglichen Alters gibt es bisher keine ausreichende wissenschaftliche Evidenz."
Die Ständige Impfkommission (STIKO) wiederum empfiehlt die Booster-Impfung im Falle länger zurückliegender Impfungen vorerst in engerem Rahmen – unter anderem für Menschen ab 70 und für Risikogruppen.
Spahn bekräftigt laut den Beschlussvorschlägen nun außerdem, dass auch die Bundesländer ihre regionalen Impfzentren aus dem Stand-by-Modus "wieder aktivieren und dort Auffrischungsimpfungen anbieten" sollen.
Pflegeeinrichtungen sollen nach den Vorschlägen auf Bundesebene zu klaren Testkonzepten für den Herbst und Winter verpflichtet werden. Diese sollen "unabhängig vom Impfstatus mindestens zweimal wöchentlich obligatorische Tests für das Personal vorsehen", heißt es in dem Entwurf, der auch der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Alle Besucher von Pflegeheimen sollten ebenfalls ein frisches negatives Testergebnis vorweisen müssen – alternativ sollen die Einrichtungen Schnelltests anbieten müssen. Die Länder könnten alternativ für Besuche auch die Zutrittserlaubnis nur für Geimpfte oder Genesene (2G) vorsehen.
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