Meuthen geht, der Flügel hat gewonnen – Politikwissenschaftler zum Rücktritt von Jörg Meuthen

RT DE befragte den Politikwissenschaftler Prof. Dr. Wolfgang Schroeder, welche Folgen der Rücktritt von Jörg Meuthen auf den zukünftigen Kurs der AfD haben könnte.

Prof. Dr. Wolfgang Schroeder ist Politikwissenschaftler an der Universität Kassel, leitet dort das Fachgebiet "Politisches System der BRD" und forscht zu Rechtspopulismus und zu Gewerkschaftspolitik. Er hat mehrere Aufsätze zum Thema AfD veröffentlicht.

RT DE fragte ihn, welche Folgen der Rücktritt von Jörg Meuthen für die zukünftige Ausrichtung der AfD haben wird. Schroeder betonte, dieser Rückzug sei nicht überraschend.

"Meuthen kämpft seit etwa zwei Jahren für einen Kurs der AfD in Richtung Koalitionsfähigkeit."

Der Flügel, also der rechtsextreme Teil der Partei, sei aber deutlich besser organisiert. "Höhepunkt seines persönlichen Einflusses war der Ausschluss von Herrn Kalbitz."

Andreas Kalbitz, brandenburgischer Landtagsabgeordneter und damaliger Landes- wie Fraktionsvorsitzender, war im Jahr 2020 aus der AfD ausgeschlossen worden, weil er seine frühere Mitgliedschaft in der neonazistischen "Heimattreuen Deutschen Jugend" bei seinem Eintritt in die AfD verschwiegen hatte. Das Schiedsgericht der Partei hatte den Ausschluss bestätigt.

Nach einem Rücktritt Meuthens und einer wahrscheinlichen Wahl von Björn Höcke in den Vorstand der AfD auf dem nächsten Bundesparteitag im Dezember dürfe dieser Ausschluss aber zur Disposition stehen, so Schroeder. Meuthens Versuch, die Partei als "normale demokratische Partei etwas rechts der Union" zu etablieren und auf Koalitionen zu orientieren, habe jedoch schon länger keine Mehrheit in der Partei gehabt.

"Stattdessen dominiert der radikal-extreme Bereich, und das wird sich jetzt auch bei einer neuen Personalie vermutlich nicht ändern."

Mehr zum ThemaJörg Meuthen will nicht mehr für AfD-Vorsitz kandidieren