Tilo Gräser
Die am 11. März 2020 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ausgerufene COVID-19-Pandemie soll erst besiegt sein, "wenn alle Menschen auf der Welt geimpft sind". Das erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mehrmals. So sprach sie zum Beispiel am 19. Februar dieses Jahres nach der Videokonferenz mit den Staats- und Regierungschefs der G7. Am 21. Juli sagte sie auf ihrer letzten Sommer-Pressekonferenz im Amt:
"Wir wissen aber alle, dass der Schlüssel, das einzige Mittel, um die Pandemie zu überwinden, das Impfen ist."
Merkel meinte außerdem: "Wir stellen fest: Impfen wirkt." Doch das Ende der Pandemie scheint nicht in Sicht, auch wenn Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in einem Interview am 24. August erklärte: "Wir impfen Deutschland zurück in die Freiheit. Das ist die eigentliche Botschaft jetzt für Herbst und Winter."
Zuvor hatte im Juli auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) klargestellt: "Vollständige, unbeschwerte Freiheit gibt es nur mit Impfen. Ohne Impfen keine Freiheit – jedenfalls nicht so in der Form, wie wir es uns vorstellen."
Am 25. August verlängerte eine Mehrheit im Bundestag die "epidemische Lage von nationaler Tragweite", wie die Pandemie hierzulande offiziell bezeichnet wird, für weitere drei Monate. Das ist die Grundlage für die fortgesetzten Maßnahmen, die das gesellschaftliche Leben und die Grundrechte der Bürger massiv einschränken. Ein Ende scheint weiter nicht in Sicht, angesichts der anhaltenden Warnungen vor einer "vierten Welle" im Herbst und im Winter.
Unterschiedliches Vorgehen
Das ist auch in anderen Ländern so, wenn auch nicht in allen. Dänemark und Norwegen beispielsweise haben inzwischen fast alle Maßnahmen wieder aufgehoben. Diese Länder verzichten nicht auf die Impfkampagne. So hat die dänische Regierung ihren Schritt mit der hohen Impfquote begründet. Zuvor hatte sie im März dieses Jahres angekündigt, "dass die Beschränkungen des öffentlichen Lebens mit wenigen Ausnahmen komplett aufgehoben werden, sobald alle Risikogruppen und alle Menschen ab 50 Jahren, die dies wünschen, ihre erste Impfung gegen COVID-19 erhalten haben".
Wie in der Bundesrepublik ist auch in der Schweiz trotz ähnlicher Ankündigungen der Regierenden in den Monaten zuvor keine Freiheit in Sicht. Stattdessen werden die Regeln verschärft, etwa mit der Zertifikatspflicht. Das bedeutet, dass alle Personen ab 16 Jahren mit dem "COVID-Zertifikat" nachweisen müssen, dass sie entweder geimpft, genesen oder über ein negatives PCR-Test- bzw. Antigen-Schnelltest-Ergebnis verfügen.
"Das COVID-Zertifikat ist freiwillig und kostenlos", erklärt das Schweizer Bundesamt für Gesundheit (BAG). Doch wer keines hat, kommt in vielen Kantonen und Orten der Alpenrepublik nicht mehr in Restaurants und Bars, Kultur- und Freizeiteinrichtungen oder Veranstaltungen in Innenräumen (zum Beispiel Konzerte, Theater, Kino, Sportveranstaltungen, Privatanlässe wie Hochzeiten in öffentlich zugänglichen Lokalen). Begründet wird das wie in der Bundesrepublik mit der drohenden Überlastung des Gesundheitswesens. "Lieber Zertifikatspflicht als Lockdown", heißt es in manchen Kantonen, neben der Aufforderung, sich impfen zu lassen.
Zweifel an den Grundlagen
"Wer kann die Pandemie beenden?", fragte am Dienstag die Pharmazeutin Kathrin Schepis auf Medinside.ch, einer Plattform für die Gesundheitsbranche. Mit "nie eingetroffenen Schreckensszenarien und mit Bildern, die unser Unterbewusstsein prägen, wie beispielsweise auf dem Bauch gelagerten intubierten 'COVID-Patienten'", werde den Menschen fortgesetzt Angst eingejagt, kritisiert sie.
Schepis ist laut eigenen Angaben Mitarbeiterin der medizinischen Abteilung eines Pharmaunternehmens. Sie äußert sich seit einiger Zeit kritisch über die Pandemie sowie die damit verbundene Politik und trat auch bei Demonstrationen in ihrem Heimatort Winterthur auf. Zudem ist sie Mitglied des Vereins "ALETHEIA - Medizin und Wissenschaft für Verhältnismäßigkeit" von Medizinern und Wissenschaftlern, die sich "für eine ehrliche Wissenschaft und für transparente Information" einsetzen.
In einem Interview erklärte Schepis unter anderem:
"Als Naturwissenschaftlerin ist es mir ein Anliegen, möglichst viele Leute zum Hinterfragen und zur eigenen kritischen Recherche anzuregen. Mit meinen wissenschaftlichen Artikeln möchte ich die Leserschaft dabei unterstützen, wissenschaftliche Daten hinsichtlich ihrer Korrektheit zu überprüfen und richtig zu interpretieren."
Auf Medinside.ch stellt sie fest: "Wer Angst hat, ist einfacher zu steuern und verliert den Bezug zur Realität." Sie analysiert und bezweifelt die offiziellen Begründungen für die Pandemie: so die PCR-Tests und deren Ergebnisse, die Behauptung, bei dem Virus SARS-CoV-2 handele es sich um ein "Killer-Virus", sowie die angebliche Gefahr, dass das Gesundheitswesen überlastet wird. "Fundierte Analysen, die auch der Regierung vorgelegt wurden, haben gezeigt, dass weder eine relevante Übersterblichkeit beobachtet wurde, noch Spitäler außergewöhnlich ausgelastet waren."
Angemahnte Kurskorrektur
Ebenso kritisch setzt sie sich mit den sogenannten Impfungen gegen COVID-19 und deren Wirksamkeit auseinander. Schepis erinnert: "Als einziger Ausweg aus der Pandemie wird uns die 'hochwirksame Impfung' präsentiert." Anhand vorhandener Daten der beteiligten Firmen zeigt die Pharmazeutin, dass die eingesetzten, bedingt zugelassenen Stoffe, die gegen COVID-19 per Spritze verabreicht werden, lediglich "leichte Erkrankungen" reduzieren.
"Es stellt sich die Frage, inwieweit ein Impfstoff, der lediglich 'leichte Erkrankungen' reduziert, hilfreich ist für das Individuum, aber auch für das Gesundheitswesen, dessen Ressourcen ja durch die Impfung geschont werden sollen. Wäre es nicht sinnvoll, nur Impfstoffe zuzulassen, die auch belegt haben, dass sie schwere Verläufe reduzieren?"
Die Autorin fragt, auf welche unbekannten Daten sich die Schweizer Bundesregierung, der Bundesrat, stützt, wenn er die Impfkampagne ausweiten will, um "die Epidemie in der Schweiz möglichst bald beenden zu können". Dafür soll es jetzt für jeden, der andere Menschen überredet, sich einen Stoff gegen COVID-19 spritzen zu lassen, einen Gutschein im Wert von 50 Franken geben.
Schepis verweist auf eine Analyse, die Daten aus 68 Ländern und 2.947 Bezirken der USA zu Injektionen und Krankenhauseinweisungen im Zusammenhang mit COVID-19 ausgewertet hat. "Das alleinige Vertrauen auf die Impfung als primäre Strategie zur Eindämmung von COVID-19 und seiner negativen Folgen muss überdacht werden", so die Wissenschaftler, die auf weitere Maßnahmen setzen. Und sie betonen:
"Eine solche Kurskorrektur, vor allem im Hinblick auf die politische Argumentation, ist angesichts der neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse über die tatsächliche Wirksamkeit der Impfstoffe von größter Bedeutung."
Entscheidende Politik
Die Schweizer Pharmazeutin weist in ihrem Beitrag auf weitere Daten aus England hin, die ebenfalls die angeblich hohe Wirksamkeit der sogenannten Impfstoffe gegen COVID-19 infrage stellen. Ebenso macht sie auf begründete Zweifel an den Grundlagen für Maßnahmen wie Massentests aufmerksam: "Generell scheint die Datenlage zur Massentestung eher dünn." Schepis fragt anhand der vorhandenen Daten: "Sind die Massentests hilfreich für das Beenden der Pandemie oder unterhalten sie diese vielmehr, indem dass sie Fallzahlen generieren?"
Es scheine "wenig nachvollziehbar", auf welcher Grundlage sich die Regierung für oder gegen Maßnahmen entscheidet. Auch in der Bundesrepublik wurde wiederholt kritisiert, dass keine systematische Datenerhebung zu SARS-CoV-2 und COVID-19 sowie zur Impfkampagne erfolge. Die aktuelle Datenlage deutet laut Schepis darauf hin, "dass die 'Impfung' kein geeignetes Mittel ist, um die aktuelle Situation und die mit ihr verbundenen Einschränkungen zu beenden".
Die Pharmazeutin aus der Schweiz meint: "Beenden können die aktuelle Situation wohl nur diejenigen, die vor 19 Monaten den Ausnahmezustand ausgerufen haben, obwohl im Nachhinein keine fundierten Daten vorhanden waren, die eine Notwendigkeit hierfür jemals belegt haben." Sie fragt auf Medinside.ch:
"Werte Regierung, wäre es nicht an der Zeit, den eingeschlagenen Weg der immer deutlicher werdenden Bevormundung der Bevölkerung zu überdenken, zum evidenzbasierten vernünftigen Handeln zurückzukehren, Versprechen einzuhalten und endlich einen offenen Diskurs zu starten?"
Überhörte Stimmen
Doch eine entsprechende Antwort ist nicht in Sicht, nicht in der Schweiz und auch nicht in der Bundesrepublik oder anderen Ländern mit einer ähnlichen Politik. Stimmen wie die der Pharmazeutin Schepis werden dabei ebenso ignoriert wie die des Hamburger Rechtsmediziners Klaus Püschel. Der hatte frühzeitig bereits in den ersten Pandemiewochen vor der Panikmache gewarnt.
Laut einem inzwischen online nicht mehr verfügbaren Beitrag auf der Webseite des Norddeutschen Rundfunks (NDR) vom 28. April 2020 sagte Püschel zu SARS-CoV-2: "Die Angst, dass das ein Killervirus ist und dass viele daran sterben werden, ist völlig überflüssig." Er verwies dabei wie in anderen Beiträgen und Interviews auf die von ihm und seinen Kollegen im Hamburger Universitätskrankenhaus UKE obduzierten sogenannten Corona-Toten. Die hatten danach zumeist mindestens eine Vorerkrankung und ein Durchschnittsalter von 80 Jahren.
"COVID-19 ist nur im Ausnahmefall eine tödliche Krankheit, in den meisten Fällen jedoch eine überwiegend harmlos verlaufende Virusinfektion", erklärte er bereits am 2. April 2020 gegenüber der Zeitung Hamburger Abendblatt.
"Durch eine starke Fokussierung auf die vergleichsweise wenigen negativen Abläufe werden Ängste geschürt, die die Menschen sehr belasten."
Der inzwischen in den Ruhestand gegangene Rechtsmediziner bleibt seiner kritischen Linie gegenüber der Corona-Politik bis heute treu.
Klarer Wunsch
"Aus meiner Überzeugung sollten wir heute gemeinsam erklären, dass die Pandemie beendet ist und es jetzt nur noch ein endemisches Geschehen gibt." Diese Aussage wünschte Püschel sich vom Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) statt dessen Propaganda für das "2G"-Modell. Er sagte das in einem am 21. September dieses Jahres ebenfalls im Hamburger Abendblatt veröffentlichten Interview und wiederholte dabei:
"COVID-19 ist kein Killervirus, sondern ein Virus wie viele andere, das primär die Atemwege befällt und danach in seltenen Fällen weitere Krankheiten verursacht. Es ist keine Bedrohung für das Fortbestehen unseres Staates oder der Menschheit."
Der renommierte Rechtsmediziner meint: "Es ist wirklich an der Zeit, zur Tagesordnung überzugehen und alle diese Schreckensmeldungen sein zu lassen." Viele Probleme seien erst durch den von der Politik verordneten Lockdown verursacht worden. Allerdings sieht er anders als die Schweizer Pharmazeutin Schepis die sogenannten Impfungen als "sehr einfache Möglichkeiten, mit dieser Krankheit umzugehen".
Pandemie der Ungeimpften?
Püschel erklärt: "Eigentlich benötigen wir nur das Impfen: Wenn es uns gelingt, konsequent die Leute zum Impfen zu animieren, brauchen wir die anderen Dinge nicht mehr." Darin stimmt er mit den regierenden bundesdeutschen Politikern überein. Zweifel an den bisher nur bedingt zugelassenen Stoffen, die den Menschen gegen COVID-19 per Spritze verabreicht werden, äußert er nicht.
Bundesgesundheitsminister Spahn sprach Anfang September dieses Jahres von einer "Pandemie der Ungeimpften". Bei Rechtsmediziner Püschel klingt das so: "Corona ist ein Problem der Ungeimpften, das aber Rückwirkungen auf uns alle hat. Es sind die Ungeimpften, die ins Krankenhaus kommen oder die Intensivstationen belegen." Der Virologe Christian Drosten behauptete im Mai dieses Jahres: "Wer sich jetzt aktiv dagegen entscheidet, sich impfen zu lassen, der wird sich unweigerlich infizieren."
Püschel geht da noch weiter: "Wer sich nicht impft, bekommt demnächst die Krankheit." Dennoch erklärt er am Ende des Interviews: "Die Politik benötigt eine Beratergruppe, die nicht angstgetrieben ist, sondern auf Wissen, Vernunft, Wissenschaft setzt. Angela Merkel war keine gute Ratgeberin, weil sie auch Angst hat und sich deswegen offensichtlich von den Ängstlichen beraten lässt. Ich würde mir nach der Wahl jemanden wünschen, der als Erstes erklärt, Corona ist als Staatskrise beendet."
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Information:
Sicherheit und Wirksamkeit der Corona-Impfstoffe sind umstrittene Themen. Zahlreiche Experten in Wissenschaft, Politik und Medien schätzen diese als sicher und effektiv ein, da sie das Risiko einer schweren COVID-19-Erkrankung weitgehend verhindern und die Vorteile einer Corona-Impfung die Risiken und Nebenwirkungen überwiegen. Langzeitnebenwirkungen der Impfungen sind generell nicht bekannt. Auch Risiken wie der ADE-Effekt (antibody-dependent enhancement, auf Deutsch: infektionsverstärkende Antikörper) wurden bisher bei weltweit Milliarden verabreichter Impfstoff-Dosen nicht beobachtet. Auch, dass Gensequenzen von beispielsweise mRNA-Vakzinen in die menschliche DNA eingebaut werden, gilt in Fachkreisen als ausgeschlossen. Stellungnahmen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der bundesdeutschen Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) lassen sich hier und hier nachlesen.