Die Macht der Deutschen Presse-Agentur (dpa) ist enorm. In einem Artikel vom Donnerstag zitiert Deutschlands größte Nachrichtenagentur dpa einen – wenn auch weitgehend unbekannten – Politikwissenschaftler und zieht ihn als "Experten" gegen die angeblich "umstrittene" Initiative #allesaufdentisch zu Rate. Nachdem die 53 Gesprächsvideos von Künstlern mit Experten im Netz gelandet waren, wurde daran anschließend die dpa-Nachricht darüber von fast allen großen Zeitungen des Landes umgehend übernommen.
Allerdings kommt auch umgehend Kritik bezüglich des "Experten für Verschwörungsideologien" Josef Holnburger vom promovierten Wirtschaftsjournalisten Norbert Häring. Der schreibt nämlich auf seinem Blog:
"Dessen [Holnburgers] Statement nutzt eine Sprache, die in freiheitlichen Gesellschaften nicht üblich ist. Sein Status als Wissenschaftler darf (hiermit) als 'umstritten' gelten."
Doch was genau bemängelt Häring? Er stört sich besonders an folgender Passage der dpa-Nachricht mit Bezugnahme auf den "Experten":
"Nach Ansicht eines Experten für Verschwörungsideologien befeuert die Aktion ein 'schädliches Narrativ'. Über die Schauspieler und Künstler verbreiteten sich wissenschaftliche Minderheitenmeinungen über die Pandemie-Leugner-Szene hinaus, diese würden als Mehrheitspositionen dargestellt, sagte Politikwissenschaftler Josef Holnburger."
Unklar sei laut Häring, was eigentlich ein "Pandemie-Leugner" ist. Häring vermutet einen Zusammenhang zum "Corona-Leugner". Eine wissenschaftliche Spräche sähe – so oder so – jedenfalls anders aus. Noch kritischer sieht Häring allerdings die Verwendung des Begriffs 'schädliches Narrativ'. Er schreibt:
"Die Einteilung von Informationen und Meinungen in 'schädlich' und nützlich kannte man bisher nur von Regierungen mit totalitärem Anspruch. Die Ostdeutschen können ein langes Lied davon singen. Im Westen mit seinem freiheitlichen Selbstverständnis wurden solche Einteilungen aus gutem Grund bisher nicht verwendet, jedenfalls nicht dermaßen prominent und weit verbreitet. Der Begriff verdient daher die Aufnahme ins Corona-Neusprech-Kompendium."
Insbesondere stört sich Häring an der Auswahl dieses "Experten für Verschwörungsideologien". Der sei Politikwissenschaftler, heißt es in dem Bericht mit dem Schwerpunkt auf die "Forschung zu Rechtsextremismus, Antisemitismus und Verschwörungsideologien". Im März 2021 gründete er u.a. mit Pia Lamberty das "gemeinnützige Center für Monitoring, Analyse und Strategie".
Der Thinktank wird von 2021 bis 2024 durch die Alfred Landecker Foundation mit 2,8 Millionen Euro unterstützt. Mit Lamberty – einer Sozialpsychologin mit Master-Abschluss –, die in den letzten anderthalb Jahren in zahlreichen Talkshows über "Verschwörungsideologien" rund um die Corona-Krise zu sehen war, sitzt Holnburger in der Geschäftsführung dieser gut ausgestatteten Denkfabrik. Lamberty ist darüber hinaus Mitglied im internationalen Fachnetzwerk Comparative Analysis of Conspiracy Theories – das unter anderem von der Europäischen Union im EU-Projekt Horizon 2020 gefördert wurde.
In Holnburgers Lebenslauf ist weiter zu finden, dass er mit einem Stipendium der Hans-Böckler-Stiftung im Jahr 2017 immerhin einen Bachelorabschluss in Politikwissenschaft erwarb. Für Häring ist das allerdings etwas (zu) wenig Expertise, um bei der dpa so gewagte und nicht belegte Thesen aufzustellen. Er resümiert:
"Die Aktion #allesaufdentisch gilt der dpa und damit weiten Teilen der deutschen Medienlandschaft schon beim Start als umstritten, weil die dpa einen 'Politikwissenschaftler' mit Bachelorabschluss findet, der sie als schädlich bezeichnet."
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Information:
Das Virus SARS-CoV-2 löst laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Atemwegserkrankung COVID-19 aus. Am 11. März 2020 hat die WHO eine Pandemie ausgerufen. Grundlage dafür ist die weltweit starke Ausbreitung einer Infektionskrankheit mit hohen Erkrankungszahlen und in der Regel auch mit schweren Krankheitsverläufen. Nach offizieller Einschätzung handelt es sich um ein gefährliches Virus sowie um eine Krankheit, die vor allem für sogenannte Risikogruppen tödlich ausgehen kann. Generell gilt, dass neben Impfungen Corona-Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen und die AHA+A+L-Regeln – Abstand halten, Hygieneregeln beachten, Alltag mit Maske, die Nutzung der Corona-Warn-App und regelmäßiges Lüften – essentiell sind. Auch die regelmäßige Verwendung von PCR-Tests, um potenziell infizierte Personen zu identifizieren, damit diese sich in Quarantäne begeben können, wird von den Behörden als sinnvoll erachtet, um die Ausbreitung des SARS-CoV-2-Erregers zu ermitteln. Die Erklärungen der WHO und des für Deutschland zuständigen Robert Koch-Institutes zum Virus und zur Pandemie finden Sie hier und hier.