Immenses Chaos bei Berlin-Wahl – Wahlbeteiligung in Berliner Bezirk bei 159 Prozent

Bundestagswahl, Abgeordnetenhauswahl und Volksentscheid – das war offenkundig zu viel für die Berliner Wahlbehörden. Sie produzierten am Wahltag ein beeindruckendes Chaos: Wahlbeteiligungen von über 150 Prozent, Minderjährige die auch für die Bundestagswahl wählen durften und eine ungewöhnlich hohe Anzahl von ungültigen Stimmen.

Die Wahlen in Berlin werden immer mehr zu einer Lachnummer. Schon am Wahltag selbst wurde bekannt, dass in einigen Wahllokalen die Stimmzettel ausgingen und die Wahl daher bis über das eigentliche Ende um 18 Uhr hinaus fortgesetzt werden musste und dass Stimmzettel in falsche Wahllokale geliefert wurden.

Dann stellte sich heraus, dass insgesamt 17 Wahlbezirke ein Stimmergebnis lieferten, das über hundert Prozent der Wahlberechtigten lag. Das Maximum erreichte dabei Tempelhof-Schöneberg mit 159 Prozent. Reinickendorf lag mit 150 Prozent knapp dahinter.

In Neukölln wurden über mehrere Stunden hinweg zu viele Wahlzettel ausgegeben und selbst Minderjährige konnten wählen.

In mindestens 99 Wahlbezirken war nach Berechnungen des rbb die Zahl der ungültigen Stimmen ungewöhnlich hoch. Es gehe dabei um mindestens 13.120 Stimmen. Charlottenburg-Wilmersdorf hatte seine Wahlergebnisse nur geschätzt übermittelt:

"Demnach wären in allen Bezirken 360 Stimmen gültig und 40 ungültig abgegeben worden. Man zählte in allen Bezirken 88 Stimmen für die SPD, 87 für die CDU, 98 für die Grünen, 30 für die Linken, 18 für die AfD und 39 für die FDP."

In mehreren Berliner Wahlbezirken war das Ergebnis für die Direktkandidaten zur Bundestagswahl so knapp, dass von den Unterlegenen Nachzählungen beantragt und teilweise bereits durchgeführt wurden. In Reinickendorf lag die Differenz bei ganzen 44 Stimmen. Vor dem Hintergrund der sonstigen Unregelmäßigkeiten fragt man sich allerdings, wie zuverlässig ein knappes Ergebnis überhaupt sein kann.

Der Bezirk Reinickendorf erklärte inzwischen:

"Es stellte sich heraus, dass die Anzahl der Wählenden durch die Wahlvorstände falsch ermittelt worden sind. Die Anzahl der Wählenden ist nach Durchsicht der Unterlagen deutlich zu reduzieren und somit übersteigt sie nicht mehr die Anzahl der Stimmberechtigten."

Ein solches Chaos muss natürlich Hohn und Spott hervorrufen. So kommentierte es Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei:

"Berlin hat sich international der Lächerlichkeit preisgegeben", kommentierte auch der scheidende Fraktionsvorsitzende der AfD diese Leistung und beantragte eine Sondersitzung des Abgeordnetenhauses, allerdings mit wenig Hoffnung auf Erfolg.

Die Wahlleitungen in den Berliner Bezirken waren offenkundig damit überfordert, gleichzeitig eine Bundestagswahl, eine Abgeordnetenhauswahl und einen Volksentscheid durchzuführen. Die Landeswahlleiterin Petra Michaelis hatte bereits im Laufe der Woche um ihre Ablösung nach den Sitzungen des Landeswahlausschusses am 11. und 14. Oktober gebeten.

Manche der Probleme waren bereits weit im Vorfeld bekannt. Schon im August, so der Bezirkswahlleiter von Friedrichshain-Kreuzberg, Rolfdieter Bohm, sei aufgefallen, dass in den für die Wahlbezirke vorbereiteten Kartons die falschen Stimmzettel lagen. "Da haben wir eine Stichprobe gemacht und bemerkt, dass nicht alle Stimmzettel, wie in den Schachteln beschriftet, richtig eingeordnet waren", sagte er. Die Reaktion war typisch Berlin: Statt die Sortierung komplett zu überprüfen und zu korrigieren, wurde ein Zettel beilegt, der auf die Fehler hinwies.

Selbst Regierungssprecher Steffen Seibert, der sonst die meisten Ereignisse nicht kommentiert, äußerte sich ungewöhnlich deutlich:

"Es ist die Verantwortung der zuständigen Berliner Stellen und Verantwortlichen, das, was geschehen ist, ganz klar aufzuarbeiten (...) Man kann bessere Werbung für sich machen."

Mehr zum ThemaFragen nach Berlin-Wahl: Geschätzte Ergebnisse und Wahlbeteiligung bei 150 Prozent in einem Bezirk