Angeblich über 600.000 Teilnehmer auf Demonstrationen von Fridays for Future

In vielen deutschen Städten folgten Schülerinnen und Schüler den Aufrufen zu Demonstrationen für mehr Klimaschutz. Zwei Tage vor der Wahl zum Bundestag verliehen sie ihrer Forderung Ausdruck, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen.

In fast allen deutschen Großstädten folgten mehrere Zehntausend vornehmlich junge Leute den Aufrufen zu Demonstrationen für mehr Klimaschutz. Die Anhänger von Fridays for Future und weiteren Bündnissen zogen durch Berlin, Hamburg, Köln, Leipzig und Freiburg. In der Hauptstadt informierte die Polizei über eine Teilnehmerzahl "im mittleren fünfstelligen Bereich". Die Veranstalter hingegen sprachen von 100.000 und rechneten auf eine Zahl von 620.000 im ganzen Land hoch.

Greta Thunbergs Auftritt vor dem Reichstag in Berlin löste Beifallsstürme aus und wurde von Rufen der Demonstranten im Teenageralter begleitet. Die Aktivistin aus Schweden stellte fest:

"Deutschland ist der viertgrößte Kohlendioxid-Ausstoßer in der Geschichte und das bei einer Bevölkerung von 80 Millionen Menschen. Deutschland ist objektiv gesehen einer der größten Klima-Bösewichte!"

In ihrer Rede auf Englisch, die von Applaus begleitet wurde, forderte sie eine Veränderung des "Systems". Man könne sich aus der Krise nicht "herausinvestieren, bauen oder kaufen". Umso länger man so tue, "desto mehr Zeit verlieren wir".

Sie bekräftigte die Forderung nach einer Begrenzung der Erwärmung auf 1,5 Grad und rief den Teilnehmern zu: 

"Wir wollen den Wandel! Wir fordern den Wandel! Wir sind der Wandel."

Nach der Kundgebung wurde sie von Polizisten vom Platz geleitet.

Eine Gruppe von Kindern aus den Klassenstufen drei bis sechs skandierte im Chor: "Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr unsere Zukunft klaut!" Andere hielten Schilder und Pappen mit Aufschriften und Forderungen: "Die Natur verhandelt nicht. Wir sind alle für 1,5 Grad." Auch Rufe wie " A,A, Anti-Capitalista!" und andere Slogans erschallten immer wieder. Es ging aber nicht nur friedlich zu bei den Protesten. Wie Videoaufnahmen aus Berlin zeigen: 

In Hamburg zogen nach Schätzungen 21.000 Menschen unter dem Motto "Alle für's Klima" durch die Innenstadt. In Köln formierten sich mehrere Protestzüge einiger Tausend Teilnehmern, die sich später vereinten. In Bonn sprachen die Organisatoren von knapp 10.000 Jugendlichen. Weitere Demonstrationen gab es in Aachen, Düsseldorf, Dortmund und Münster.

Protestiert wurde ebenso in Baden-Württemberg. In Freiburg seien 12.000 Teilnehmer bei den Protesten dabei, erklärten Polizei und Veranstalter. In Stuttgart zogen mehrere Tausend durch die Innenstadt. Dort waren unter anderem Plakate mit der Aufschrift: "Jetzt handeln – wir haben keine Zeit mehr" zu sehen. Grüne, Linke, die katholische und die evangelische Kirche sowie die Lehrergewerkschaft GEW hatten zur Teilnahme an den Klimaprotesten aufgerufen.

In Leipzig startete eine Demonstration mit mehreren Tausend Teilnehmern. Bei der Auftaktkundgebung zog sich die Menschenmenge vom Hauptbahnhof bis zum Augustusplatz. Auch in Dresden waren einige Tausend Menschen unterwegs.

Die Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl von CDU, SPD und Grünen griffen die Proteste von Fridays for Future bereitwillig auf. Annalena Baerbock sprach in Köln in der Nähe der Universität mit Demonstranten. Laut Darstellung der eigentlich zu Neutralität verpflichteten Deutschen Presseagentur sei sie dabei empfangen wurden "wie ein Rockstar." 

Olaf Scholz bedankte sich auf Twitter für das Engagement. Fridays for Future habe mitgeholfen, dass Klimaschutz oben auf der Agenda stehe. Er erklärte weiter: "Ich sage ausdrücklich: Dass heute Klimastreik ist, ist richtig."

Klimapolitik gehöre zu den wichtigen Themen, über die bei der Wahl entschieden werde. Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet versprach in einer Botschaft auf Instagram mehr Tempo beim Klimaschutz: "Für die CDU ist ganz klar, nicht erst seit heute: Deutschland muss beim Klimaschutz schneller und besser werden."

Das Ziel sei laut Laschet, weltweit so schnell wie möglich Klimaneutralität zu erreichen.

Regierungssprecher Steffen Seibert verwies angesichts der Proteste auf Fortschritte und sagte, die Regierung habe ihre Anstrengungen verstärkt, um neue Klimaziele zu erreichen. Es gebe eine neue Dynamik in Deutschland und auf europäischer Ebene. Viele Prozesse seien im Gang. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe wiederholt betont, wie wichtig der Einsatz für den Klimaschutz sei.

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(dpa/rt)