Falsch oder irreführend? AfD erwirkt Revidierung des Tagesschau-Beitrags zur Fluthilfe-Abstimmung

In einem Faktenfinder-Beitrag hat die Tagesschau die Kritik der AfD an ihrem Artikel über das Abstimmungsverhalten der Partei als "irreführend" bezeichnet. Außerdem hieß es, die AfD habe nicht für den Aufbau des Fluthilfefonds gestimmt. Nun warf die AfD der Tagesschau falsche Berichterstattung vor.

Im Streit um die Berichterstattung der Tagesschau zum Abstimmungsverhalten der AfD-Fraktion über den Fluthilfefonds hat der NDR eine Unterlassungsverpflichtungserklärung gegenüber der AfD-Bundestagsfraktion abgegeben.

"Die 20-Uhr-Ausgabe der Tagesschau vom 7. September wurde nachträglich bearbeitet", erklärte der NDR laut RedaktionsNetzwerk Deutschland am Freitagabend.

In einer früheren Version habe der Eindruck entstehen können, die AfD-Fraktion habe gegen den Aufbau des Fluthilfefonds gestimmt, tatsächlich hatte sie in der 2. Lesung einstimmig dafür votiert. "Die AfD-Fraktion hat sich aber im Rahmen eines sogenannten Omnibusverfahrens bei der Entscheidung zum Aufbau eines Fluthilfefonds und einer Änderung des Infektionsschutzgesetzes in der 3. Lesung mehrheitlich enthalten", fügte der NDR hinzu.

Anliegen des Omnibusverfahrens ist nach Angaben des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages, mehrere Änderungsanliegen mit gemeinsamem Ziel einzusammeln und zur Abstimmung zu bringen. In der Konsequenz werde eine breite Diskussion in der Öffentlichkeit verhindert, was bei den Oppositionsfraktionen im Bundestag regelmäßig auf Kritik stoße, heißt es in einem Papier dazu von 2020.

In der monierten Meldung der Tagesschau zum Abstimmungsergebnis am 7. September hieß es wortwörtlich: "Alle Parteien, außer der AfD, stimmten dafür". Auf der Webseite der AfD-Bundestagsfraktion erklärte Fraktionschefin Alice Weidel am 8. September:

"Unsere Fraktion hat während der gestrigen Bundestagssitzung, ebenso wie alle anderen Fraktionen, geschlossen für die Fluthilfe gestimmt – wir haben uns aber bei der Abstimmung, bei der die Fluthilfe auf skandalöse Weise mit dem Infektionsschutzgesetz vermengt worden war, enthalten."

Ergänzend erklärte dazu Bernd Baumann, erster Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion, die Bundesregierung habe "bewusst die beiden völlig unterschiedlichen Themen Fluthilfe und die Änderung des Infektionsschutzgesetzes in ein Paket gepackt, um die Abgeordneten in Gewissensnot zu bringen." Die AfD-Fraktion sei für die Fluthilfe, aber "entschieden gegen erneute Grundrechtseinschränkungen durch eine weitere Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes".

Die FDP hat dieses Omnibusverfahren ebenfalls kritisiert, hingegen wie alle weiteren Fraktionen für den Gesetzentwurf gestimmt. Der FDP-Abgeordnete Wolfgang Kubicki erklärte beispielsweise, dass die FDP der Änderung des Infektionsschutzgesetzes allein nicht zugestimmt hätte. In einer persönlichen Erklärung schrieb er, die Koalition habe die Opposition moralisch unter Druck setzen wollen. Dies zeuge vom Verlust moralischer Maßstäbe. 

Die Tagesschau habe sich damit verpflichtet, nicht weiter zu behaupten, dass die AfD-Fraktion bei der Abstimmung am 7. September 2021 im Deutschen Bundestag dem Fluthilfefonds nicht zugestimmt habe, hatte zuvor die AfD-Fraktion am Freitag in Berlin mitgeteilt. Bei der Schlussabstimmung habe sich die AfD-Fraktion mehrheitlich enthalten, da hier eine Zustimmung zu der von der Fraktion unterstützten Fluthilfe nicht ohne eine Zustimmung zu der von der Fraktion abgelehnten Änderung des Infektionsschutzgesetzes möglich war, teilte die AfD mit.

Im Faktenfinder-Beitrag der Tagesschau vom 10. September unter dem Titel "AfD betreibt Irreführung" wurde die Kritik der AfD-Fraktion an der Berichterstattung der Tagesschau vom 7. September 2021 als "irreführend" bezeichnet. Nun ist er aus dem Internet gelöscht und durch einen anderen Beitrag ersetzt worden. Die 20-Uhr-Ausgabe der Tagesschau vom 7. September in der Mediathek wurde entsprechend bearbeitet und mit einem Hinweis versehen.

Der Erste Chefredakteur von ARD-aktuell, Marcus Bornheim, erläuterte, dass für die Tagesschau-Meldung das Schlussvotum maßgeblich gewesen sei, für das sich die einzelnen Fraktionen am Ende entschieden haben. "Insofern ist die Meldung in der Tagesschau nicht falsch, sondern könnte lediglich einen nicht ordnungsgemäßen Eindruck entstehen lassen", schreibt dazu die Tagesschau in ihrem überarbeiteten Faktenfinder-Beitrag vom 18. August. 

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