Michael Ramm ist ein deutscher katholischer Pfarrer. Bis vor Kurzem war er für die Anhänger des katholischen Glaubens im Ruhrgebiet zuständig. Seine Gemeindemitglieder in der katholischen Kirche St. Michael in Recklinghausen mochten ihn. Ramm leitete jede Woche die Sonntagsgottesdienste sowie jeden Donnerstag eine Messe in einer anderen Kirche.
Am 24. August 2021 jedoch schickten drei Vertreter des Pfarrgemeinderats einen empörten Brief an den Generalvikar der Diözese Münster, Pater Klaus Winterkamp, sowie an Bischof Rolf Lohmann, den für den westlichen Teil der Diözese zuständigen Weihbischof. Darüber berichtet das kanadische Nachrichtenportal LifeSiteNews, dem der Brief vorliegt. Nach Angaben von LifeSite wollten die Unterzeichner "mit Nachdruck unsere Empörung und unser Entsetzen" darüber zum Ausdruck bringen, dass Ramm in seinem monatlichen Rundbrief an die Gemeindemitglieder "den aktuellen Zeitgeist" kritisiert. In seinem August/September-Rundbrief machte Ramm Aussagen wie die folgende:
"Was denken wir heute über den Zeitgeist, der im Dritten Reich herrschte? Und was werden künftige Generationen über unseren heutigen Zeitgeist sagen? (...) Wie werden sie in Zukunft diese ganze COVID-Panik beurteilen? Wie werden künftige Generationen über diese 'freiwillige Zwangsimpfung' urteilen? Was werden sie dazu sagen, dass völlig gesunde Menschen mit einem genetischen Impfstoff geimpft werden, für dessen Herstellung Menschen ermordet wurden? Was werden die Menschen später dazu sagen, dass heute die ganze Welt durch die Impfung einem solchen unnötigen Risiko ausgesetzt ist? Was wird man später über diese Gender-Ideologie sagen, der sich heute alle beugen? Wird es in Zukunft als Heldentat gefeiert werden, dass Fußballstadien in Regenbogenfarben beleuchtet werden?"
Die Vertreter des Pfarrgemeinderats bezeichneten Ramms Fragen als "bewusste Falschaussagen und Verschwörungsmythen", so LifeSite. In offensichtlicher Anspielung auf Homosexuelle oder Menschen, die in ihrer Geschlechtszugehörigkeit verwirrt sind, erklärten sie, dass "Gruppen von Menschen diskriminiert werden, denen wir als Gemeinde gerne offen begegnen würden". Im Schreiben an das Bistum Münster wird beklagt, dass Menschen, die die Kirche betreten, Ramms Rundbrief sehen und sich dadurch angegriffen fühlen könnten. Weiter heißt es darin:
"Wir wollen nicht, dass Menschen, die unsere Kirche besuchen, mit solchen Aussagen konfrontiert werden. Das widerspricht dem, wie wir als Gemeinde unser Christsein hier an diesem Ort verstehen und leben. Wir wollen eine offene Kirche sein, aber Gastfreundschaft hört dort auf, wo andere Menschen verletzt und diskriminiert werden."
Generalvikar Winterkamp teilte daraufhin dem Distriktsoberen der Priesterbruderschaft St. Petrus mit – wobei er sich übrigens nicht an den jetzigen Oberen, Pfarrer Stefan Dreher, sondern an dessen Vorgänger, Pfarrer Bernhard Gerstle, wandte –, dass sowohl der Münsteraner Bischof Felix Genn "als auch ich den Ärger des Pfarrers und der Gremien verstehen können". Winterkamp sagte weiter:
"Es ist keinesfalls akzeptabel, dass die Verkündigung im Rahmen der liturgischen Feier dazu genutzt wird, private Meinungen zur Coronavirus-Pandemie oder zum COVID-Impfstoff oder anderen gesellschaftspolitischen Problemen/Herausforderungen zu äußern. Es ist in diesem Zusammenhang auch völlig inakzeptabel, Papst Franziskus vorzuwerfen, dass er seine eigene Meinung äußert, wenn ausgerechnet die Verkündigung dazu benutzt wird, private Meinungen zu verbreiten. Wir sind uns sicher einig, dass die Verkündigung der Frohen Botschaft in der Liturgie genau diesem Zweck dient: die Frohe Botschaft zu verkünden und nicht die eigene Meinung, schon gar nicht zu gesellschaftspolitischen oder medizinischen Themen."
Ein Sprecher der Priesterbruderschaft St. Petrus betonte, man werde sich in den Medien nicht zu Personalfragen äußern, erklärte aber, dass die Leitung des Bezirks beschlossen habe, "die Zuständigkeiten im Apostolat Recklinghausen neu zu ordnen, um die Situation zu befrieden und die dortige Seelsorge der Bruderschaft auch in Zukunft uneingeschränkt aufrechterhalten zu können", so LifeSite.
Jacek Spendel, ein Gemeindemitglied in der katholischen Kirche St. Michael in Recklinghausen, sagte LifeSite, dass Ramm "noch in diesem Monat" nach Tschechien versetzt werde. Dies, obwohl er die Sprache nicht spreche. Spendel erklärte:
"Pater Michael spricht heikle Themen an, und das gefällt nicht jedem. Pater Michael hat noch nie jemanden verurteilt, und er sagt uns immer wieder, dass wir sehr vorsichtig mit dem Urteilen sein sollen. Er verurteilt die Sünde, niemals den Sünder. Das ist die Erfahrung, die wir in der Gemeinschaft gemacht haben. Wir stehen jetzt ohne einen Hirten da. Die Gemeinschaft, die sehr jung und dynamisch ist, hat das nicht verdient. Was Pfarrer Michael hier in kürzester Zeit aufgebaut hat, wie er die Einheit gestärkt hat – es ist unglaublich."
Ramm habe unter anderem einen Mädchenchor gegründet, neue Katecheseprogramme gestartet und Familien gestärkt, so Spendel. Der Sprecher der Priesterbruderschaft St. Petrus erklärte laut LifeSite, dass es "derzeit keine endgültige Entscheidung über die zukünftige Seelsorge im Apostolat in Recklinghausen gibt". Spendel sagte, dass ein Pfarrer der Bruderschaft jeden Sonntag 30 Minuten von seinem Wohnsitz in Oberhausen fahren werde, um die Messe in Recklinghausen zu feiern, "was schade ist, da die Seelsorge aus der Ferne sehr schwierig ist und nicht so viele Früchte bringt".
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