Es war wohl ihre letzte Rede im Deutschen Bundestag als Bundeskanzlerin. Und im Fokus der Rede stand keines der Krisenthemen dieser Tage, sondern etwas ganz anderes – der Wahlkampf. In ihrer Ansprache während der voraussichtlich letzten Sitzung des Parlaments in dieser Legislaturperiode warb Angela Merkel offensiv für den Kanzlerkandidaten der Unionsparteien, für Armin Laschet. Ihre Zurückhaltung im Wahlkampf ließ Kanzlerin heute endgültig fallen, was sich viele Anhänger in der Union schon längst gewünscht hatten.
Zwar sprach die CDU-Politikerin die "sehr dramatischen Probleme" an, mit denen man es in den letzten Wochen zu tun gehabt hätte – wie etwa Afghanistan oder die "schreckliche, furchtbare" Flutkatastrophe –, doch hängenbleiben dürfte vor allem ihre eindringliche Warnung vor einem Dreierbündnis von SPD und Grünen mit der Linkspartei. So sagte die CDU-Politikerin warnend:
"Es ist nicht egal, wer dieses Land regiert."
Laut Merkel sei der kommende Urnengang eine wirklich ganz besondere Wahl, "weil es in schwierigsten Zeiten eine Richtungsentscheidung für unser Land ist".
Die Bürgerinnen und Bürger hätten die Wahl zwischen zwei Optionen: Einer Regierung von SPD und Grünen, "die die Unterstützung der Linkspartei in Kauf nimmt, zumindest sie nicht ausschließt" und einer von CDU und CSU geführten Regierung mit Laschet an der Spitze. Die Kanzlerin mahnte:
"Der beste Weg für unser Land ist eine CDU/CSU-geführte Bundesregierung mit Armin Laschet als Bundeskanzler."
Nur eine solche Regierung werde für Stabilität, Verlässlichkeit, Maß und Mitte sorgen, so Merkel weiter. Und das sei genau das, was Deutschland jetzt brauche. Doch eine aktuelle Umfrage verheißt noch immer nichts Gutes für die Union bei der Wahl am 26. September. Auch der Kanzlerkandidat der CDU/CSU rauscht laut einer Erhebung in der Wählergunst immer weiter nach unten. Die SPD dagegen hat weiterhin noch die Nase vorn. Ein Trend der letzten Wochen setzt sich damit fort.
Nach einer Forsa-Umfrage im Auftrag von RTL und ntv kommen die CDU und CSU nur noch auf 19 Prozent der Wählerstimmen. Dies ist der schlechteste Wert seit Gründung der Bundesrepublik. Knapp drei Wochen vor der Bundestagswahl kommen wiederum die Sozialdemokraten auf 25 Prozent Zustimmung. Bündnis 90/Die Grünen könnten demnach 17 Prozent erreichen, die FDP 13 Prozent und die AfD stagniert bei 11 Prozent. Die Linke würde demnach auf 6 Prozent kommen. Die sonstigen kleineren Parteien erreichen zusammen 9 Prozent.
In der Erhebung des Meinungsforschungsinstituts zur Kanzlerfrage sieht es ebenfalls für Laschet nicht gut aus. Der Unions-Kandidat verliert zwei Prozentpunkte und kommt gar nur noch auf einen einstelligen Wert – auf 9 Prozent. Der SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz liegt jetzt mit 30 Prozent weit vorn, die Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock bei 15 Prozent.
Das ungewöhnlich klare Werben Merkels für Laschet auf offener Bühne des Bundestages führte zu zahlreichen Zwischenrufen von Abgeordneten aller anderen Parteien. Die Kanzlerin verteidigte jedoch ihre Wahlkampfäußerungen mit den Worten:
"Meine Güte, was für eine Aufregung. Ich bin seit 30 Jahren, über 30 Jahren Mitglied dieses Deutschen Bundestages und ich weiß nicht, wo – wenn nicht hier – solche Fragen diskutiert werden müssen, das ist die Herzkammer der Demokratie und hier wird genau das diskutiert."
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