Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) rief am Dienstag auf Twitter erneut zum Impfen auf. "Bei Inzidenz und auf Intensivstationen sehen wir: Wir erleben eine anwachsende Pandemie der Ungeimpften. Alle, die können, sollten sich ihren Schutz holen!"
Unter den Bundesländern verzeichnet Bremen laut Robert Koch-Institut (RKI) mit 76,0 Prozent den höchsten Anteil Erstgeimpfter. Der Stadtstaat zählt mit 71,4 Prozent auch den höchsten Anteil an vollständig geimpften Einwohnern. Sachsen steht mit 55,6 Prozent Erstgeimpfter und 52,4 Prozent vollständig geimpfter Einwohner am Ende beider Ranglisten.
In Deutschland sind bisher 61,4 Prozent der Menschen vollständig gegen das Coronavirus geimpft. Das geht aus Zahlen des RKI vom Dienstag hervor (Stand: 9.21 Uhr). Demnach wurden am Montag 118.545 verabreichte Impfdosen gemeldet. Etwa 54,8 Millionen Menschen (65,9 Prozent) haben inzwischen mindestens eine Impfung bekommen.
Nach Informationen des Business Insider sollen vor allem ältere Bürger bald die Möglichkeit erhalten, eine sogenannte Booster-Impfung zu bekommen. Darauf einigten sich Spahn und die Gesundheitsminister der Länder bei einer Konferenz am Montag. "Für diese Altersgruppe ist das Risiko einer COVID-19-Erkrankung signifikant erhöht, entsprechend gibt es für den Nutzen einer vorsorglichen Auffrischimpfung für diese Altersgruppe eine hinreichend belegte Evidenz", hieß es in einem ersten Beschlussentwurf zur Begründung.
Noch hat die Ständige Impfkommission (STIKO) keine Empfehlung zu Auffrischimpfungen gegen das Coronavirus ausgesprochen. Nach Informationen des Business Insider besteht in der STIKO bisher keine Einigkeit in der Frage, welchen Personengruppen eine Booster-Impfung empfohlen werden soll. Es gebe eine "hitzige Debatte" über die mögliche Altersgrenze, Vorerkrankungen, bei denen eine dritte Impfdosis angezeigt wäre, und die Frage, ob auch das Personal in Pflegeheim und Kliniken Auffrischimpfungen bekommen soll, hieß es aus informierten Kreisen.
"Niemand war Versuchskaninchen"
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Bevölkerung noch einmal eindringlich dazu aufgerufen, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen. "Sie leisten damit für sich und unsere gesamte Gesellschaft einen ganz wichtigen Beitrag, den Weg aus dieser Pandemie zu finden", sagte sie am Dienstag bei einer Generaldebatte im Bundestag.
Gleichzeitig hob Merkel die Sicherheit der Impfstoffe hervor: "Natürlich war und ist niemand von uns beim Impfen in irgendeiner Form ein Versuchskaninchen", versicherte die Kanzlerin. Die Impfstoffe in Deutschland hätten alle notwendigen Phasen der klinischen Prüfung und alle Zulassungsverfahren durchlaufen.
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hatte in der vergangenen Woche in einem Interview mit den NRW-Lokalradios gesagt: "50 Millionen sind jetzt zweimal geimpft. Wir waren ja alle die Versuchskaninchen für diejenigen, die bisher abgewartet haben. Deshalb sage ich als einer dieser 50 Millionen – es ist gut gegangen! Bitte macht mit."
Diese umstrittene Aussage verteidigte Scholz in der wohl letzten Plenardebatte vor der Bundestagswahl. Man müsse die Bevölkerung von der Impfung überzeugen – locker, gelassen und auch mit Witzen, über die auf vielen Veranstaltungen gelacht werde. "Wenn einige nicht lachen wollen und darüber sich aufregen, hat es vielleicht etwas damit zu tun, dass sie beim Blick auf ihre Umfragewerte wenig zu lachen haben."
Die hohe Ansteckungsgefahr durch die Delta-Variante habe die Erwartungen verändert, dass Normalität einkehren könne, sobald alle ein Impfangebot erhalten hätten, betonte Kanzleramtsminister Helge Braun. Delta führe dazu, "dass quasi diese 30 Millionen, die jetzt nicht, noch nicht geimpft sind, eine so hohe vierte Welle erzeugen können, wenn wir nicht im Herbst weiter vorsichtig sind, dass am Ende die Krankenhäuser wieder anfangen, geplante OPs abzusagen", so Braun. "Und dass eine geplante Hüft-OP eines Geimpften abgesagt wird, weil wir Freiheiten für Ungeimpfte haben, dass will ich nicht."
Impfung im Intergrationskurs
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung Annette Widmann-Mauz will Integrationskurse nutzen, um die Corona-Impfquote zu steigern. "Integrationskurse müssen genutzt werden, um über die Corona-Schutzimpfung aufzuklären und ein niedrigschwelliges Impfangebot zu machen", sagte die CDU-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am Dienstag. "Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, wie das gelingen kann, vom Hinweis auf den Impfbus vor der Tür, über die Kooperation mit kommunalen Impfangeboten, bis hin zur Impfärztin, die direkt den Kurs besucht."
Man müsse jetzt alle Kräfte mobilisieren, um die Impfbereitschaft in der Bevölkerung zu erhöhen. Denn je mehr sich jetzt impfen ließen, desto sicherer komme man durch Herbst und Winter, sagte Widmann-Mauz. Die Menschen müssten dort erreicht werden, wo sie sich tatsächlich aufhalten: "Ob beim Einkaufen, beim Arzt, in der Apotheke oder eben im Integrationskurs."
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(rt/dpa)