Eine in Corona-Zeiten skurril wirkende Szene ereignete sich bei einem Wahlkampfauftritt des CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet am Freitag in Erfurt: In mehreren Videoaufnahmen in den sozialen Medien ist zu sehen, wie Laschet gerade über den bevorstehenden Schulbeginn und den Präsenzunterricht in Thüringen redet, als der aus der "Querdenken"-Szene bekannte "Busfahrer Thomas Brauner" (Eigenbezeichnung auf dem Nachrichtendienst Telegram) auf die Bühne springt und dem CDU-Kanzlerkandidaten bis auf 20 Zentimeter nahekommt.
Der etwa atemlos und aufgeregt wirkende Brauner begann sofort zu reden. Mit einem Schritt zur Seite sorgte Laschet jedoch erst einmal für Abstand und sagte: "Erst mal abregen, zweitens Frage stellen."
Brauner stellte sich anschließend als Vater dreier Kinder vor und fragte, warum Kinder zur Schule gezwungen werden, wenn man sich in einer Pandemie befinde. Er verwies auch darauf, dass die Kinder in der Schule Probleme bekämen, wenn diese keine Masken tragen, sich nicht testen lassen und womöglich auch, wenn diese sich nicht impfen lassen wollten. Laschet verwies in seiner Antwort auf die Zuständigkeit der Thüringer Landesregierung und den Zuständigkeitsbereich von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke). Er erklärte zudem, dass eine Maskenpflicht im Unterricht weiterhin nötig sei, da man nicht wisse, wie sich die Thematik der Reiserückkehrer auswirke. Er verwies auch darauf, dass den Schulen Nordrhein-Westfalens PCR-Lollitests eingesetzt werden und er dies auch für sinnvoll halte. Später wurde der CDU-Kanzlerkandidat dann deutlicher:
"Eine Impfpflicht oder Druck auf Kinder, sich impfen zu lassen, lehne ich ab."
Aus dem Publikum ist daraufhin zu hören: "Ich nehme sie beim Wort!" Darauf erwiderte Laschet recht schlagfertig:
"Das dürfen Sie. Sie rufen dann an, ich gebe Ihnen die Nummer vom Kanzleramt."
Laschets Antwort sorgte für einige Lacher, der Kanzlerkandidat hatte die Situation ohne Personenschützer oder die bereitstehende Polizei gemeistert. Später musste Laschet allerdings auf Twitter Kritik für sein Verhalten einstecken. Der SPD-Politiker und Talkshow-Experte Karl Lauterbach schrieb auf Twitter (Rechtschreibung wie im Original):
"Unfassbar. Armin Laschet lässt sich von einem Querdenker ohne Maske mit ca 20 cm Abstand anschreien. Das ist keine Bürgernähe, sondern einfach dumm."
Später legte Lauterbach noch einmal nach:
"Wenn Armin Laschet sich auf 20 cm von einem Querdenker ohne Maske anschreien lässt ist das keine 'menschliche Interaktion' sondern Wahlkampf. Ohne Wahlkampf wäre Armin Laschet an dem Mann wahrscheinlich vorbeigegangen."
Am Samstag sprach Laschet den Vorfall während einer Veranstaltung in Potsdam an und erklärte, dass man den Menschen zuhören müsse. Ansonsten werde das gesellschaftliche Klima noch rauher, als es ohnehin schon sei:
"Karl Lauterbach macht mir das zum Vorwurf, sagt, mit diesen Leuten darf man nicht reden und vergiftet damit erneut das Klima."
Lauterbach erwiderte daraufhin auf Twitter:
"Es ist erstaunlich, dass Armin Laschet das Problem nicht versteht. Ich habe nicht kritisiert, dass er sich von einen Querdenker anschreien lässt. Nur dass er sich auf 20cm Abstand dabei ohne Masken anschreien lässt. Ich rede mit Querdenkern. Lasse mich dabei aber nicht gefährden."
Mehr zum Thema - Politologe Werner Patzelt zum laufenden Wahlkampf: "Bisher gab es tatsächlich wenig Inhalte"