Laschet geht von früherem Kohleausstieg aus – und will neuen Gesellschaftsvertrag

CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet sprach sich auf einer Veranstaltung in Berlin für eine Art neuen Gesellschaftsvertrag zur Lösung der großen aktuellen Themen wie Klimawandel, Flüchtlingsfrage oder Gleichstellung in der Gesellschaft aus. Und kritisierte nebenbei die AfD.

Aktuell stehe viel auf dem Spiel, die Debatten würden aber eher vom Partikularinteresse bestimmt und nicht von einem gemeinsamen Willen, wie die Probleme angepackt werden müssten, sagte Laschet am Dienstag bei einer Veranstaltung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Dabei sollte es um die Zukunftsvorstellungen des CDU-Chefs zum sozialen Zusammenhalt in Deutschland gehen.

Die jüngsten Krisen – Corona, die Flut und auch das Desaster beim Abzug aus Afghanistan – hätten bei vielen den Eindruck ausgelöst, der Staat sei nicht so optimal aufgestellt, wie man glaube, sagte Laschet. "Wir erleben nach der Pandemie eine Welt, wo autoritäre Systeme eher das Gefühl vermittelt haben, 'wir können mit der Pandemie umgehen'", erklärte er. Die liberalen Demokratien müssten jedoch zeigen, dass sie es am Ende auch schafften. "Wir Europäer sind derzeit noch nicht in der Lage, diesen Wettbewerb mit unserem Wertemodell stark genug aufzunehmen", so Laschet.

Dabei sei der Weg zur Modernisierung des Staates als Stabilitätsanker für Wohlstand und Klimaschutz eine wichtige Frage. Das Kunststück einer künftigen Regierung werde es sein, "die Komplexität unserer Zeit wahrzunehmen, ein Wir-Gefühl zu erzeugen, wie man denn die Probleme lösen kann, und dabei gleichzeitig die Widersprüche so machbar aufzulösen, dass das Ganze auch am Ende funktioniert".

In der Klimapolitik stehe man etwa vor dem Kunststück, die Klimaziele so zu lösen, dass die Gesellschaft darüber nicht auseinanderbreche, betonte Laschet. Industriearbeitsplätze müssten dafür klimaneutral verändert werden. Die Frage des Kohleausstiegs entscheide sich beispielsweise nicht an den Ausstiegsdaten von 2038, 2035 oder 2030, "sondern ob Stahl, Auto, Aluminium, Glas, alles, was wir produzieren, noch möglich ist unter klimaneutralen Bedingungen." Dazu zählten auch der Verkehrs- und Wohnungsbereich.

Früherer Kohleausstieg? 

"Es wird viel früher als 2038 sein durch den CO2-Preis", erklärte Laschet. Er wies gleichzeitig darauf hin, dass es noch andere Fragen als dieses Datum gebe, die eine viel größere Wirkung hätten. Laschet warnte davor, mit Blick auf Ostdeutschland, in dieser Frage Vertrauen zu zerstören. Verkünde man das Ergebnis der Kohlekommission nach langem Ringen mit "großem Brimborium" und sage ein Jahr später, man nehme doch andere Daten, "dann zerstört das Vertrauen", so der CDU-Politiker. "Deshalb sage ich, 2038 gilt erst einmal, es sei denn, es wird besser," sagte Laschet. "Im Westen schaffe ich es bis 2030", erklärte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident. Man rede jedoch vor allem über den Osten Deutschlands.

Es sei ein Konsens – oder Gesellschaftsvertrag – nötig zwischen der Umweltbewegung, die das Thema voranbringe, den Gewerkschaften, die für gute Arbeit einträten, der Industrie sowie von Wissenschaft und Forschung, die neue Möglichkeiten schaffen müssten, damit es gelinge. Man habe eine Zeit, "wo so viel neu zu machen ist und so viel auf dem Spiel steht, aber eher das Partikulare die Debatten bestimmt, und nicht dieser gemeinsame Wille, wie man das denn anpackt".

Als Beispiel nannte Laschet den Zustand des Staates, der in den Krisen der letzten Monate bei vielen Menschen das Gefühl ausgelöst habe, dass er eigentlich "nicht so optimal aufgestellt sei", wie gedacht. "Wir haben das erlebt in der Pandemie, wir haben es erlebt jetzt aktuell beim Hochwasser, und wir erleben es im Moment in Afghanistan." Der Weg zur Modernisierung des Staates als "Stabilitätsanker" für Wohlstand und auch Klimaschutz sei deshalb eine wichtige Frage.

Im Hinblick auf die AfD sagte Laschet auf der Veranstaltung, dass jedes Mal, wenn er an einer Bundestagssitzung teilnehme, er erschüttert darüber sei, mit was für einem Vokabular, Hass und Ressentiments, selbst zu den banalsten Tagesordnungspunkten, die AfD es schaffe, das Klima in einem Parlament zu vergiften.

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