Die Regierungsfraktionen in Berlin von SPD, Linken und Grünen konnten sich am Dienstag nicht wie geplant auf die Komplettierung des Mobilitätsgesetzes verständigen. Damit wird es praktisch unmöglich, das Gesetz noch vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus am 26. September mit den Abschnitten zum Wirtschaftsverkehr und zur "Neuen Mobilität" zu vervollständigen. Wie die Berliner Zeitung berichtet, vermuten SPD und Linke in den Vorschlägen der Grünen eine City-Maut versteckt. Die Fraktionen beider Parteien sprechen sich mehrheitlich gegen eine Maut aus.
In den Vorschlägen zu sechs neuen Paragrafen des Gesetzes wird die Maut direkt nicht vorgeschlagen. Die Paragrafen formulieren Grundsätze für die Thematik von der "Neuen Mobilität". So beginnt Paragraf 67: "Der Anteil des motorisierten Individualverkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen soll konsequent reduziert werden, um den begrenzten öffentlichen Raum stadtverträglicher und effektiver zu nutzen."
Die Paragrafen basieren auf Vorschlägen aus der Verwaltung. In Paragraf 70 ist von "Einnahmen der Hauptverwaltung aus Steuerungsmaßnahmen des fließenden Verkehrs" die Rede. Was soll unter diesen Einnahmen verstanden werden, fragen sich SPD und Linke, während die Grünen sich offenbar darüber nicht den Kopf zerbrechen.
"Damit ist eine rote Linie überschritten", sagte der SPD-Verkehrspolitiker Tino Schopf am Mittwoch. Und Kristian Ronneburg von der Linken bekräftigt: "Es war von Anfang allen Beteiligten klar, dass wir die City-Maut ablehnen."
Eine Maut biete eine Möglichkeit, den Platz auf den Straßen sinnvoll zu bepreisen und Autofahrer dazu zu bewegen, sich anders fortzubewegen. Harald Moritz von den Grünen kann die Aufregung nicht verstehen: "Für eine City-Maut bräuchten wir ein separates Gesetz. Der ganze Streit ist hochgezogen." Doch Versuche, den Konflikt mit anderen Formulierungen zu lösen, fruchteten nichts, wie die Zeitung ihren Bericht fortsetzt.
Das Berliner Mobilitätsgesetz mit seinem deutschlandweit einzigartigen planerischen Vorrang für den Umweltverbund aus Bahn-, Bus-, Rad- und Fußverkehr wurde im Sommer 2018 vom Abgeordnetenhaus verabschiedet. Es enthält mit dem Allgemeinen Teil zunächst die Abschnitte zum ÖPNV und zum Radverkehr. Der Abschnitt zum Fußverkehr wurde im Februar 2021 ergänzt. Mit den Themen Wirtschaftsverkehr und Neue Mobilität sollte das Gesetz nun komplettiert werden.
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