Eine Prognose der Politikberatungsfirma "Johanssen + Kretschmer" kommt zu dem Ergebnis, dass es der Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) nicht in den nächsten Bundestags schafft. Zuerst hatte die Berliner Zeitung darüber berichtet. Laschet steht auf der nordrhein-westfälischen Landesliste der CDU auf dem ersten Platz.
Laut der Prognose gibt es mehrere Gründe für das mögliche Szenario eines Bundestages ohne Laschet. Zwar geht Johanssen und Kretschmer davon aus, dass 37 der 64 Wahlbezirke in Nordrhein-Westfalen an die Christdemokraten gehen – das entspräche in etwa dem Ergebnis von vor vier Jahren, als es 38 waren. Doch die CDU hinke im Vergleich zu 2017 bei den Zweitstimmen massiv hinterher, so die Prognose. Zudem greife auch erstmals das neue Wahlrecht, was zu einer ganz neuen Verrechnung der sogenannten Überhangmandate führe. Die einzige Möglichkeit, dass es Laschet doch noch in den 20. Deutschen Bundestag schaffen könnte, wäre der Prognose zufolge, wenn die SPD in NRW bei den Erststimmen weiter gegenüber der Union aufholen oder noch eine Trendwende bei den Zweitstimmen einsetzen würde.
Sollte es Laschet tatsächlich nicht in den nächsten Bundestag schaffen, hätte dies weitreichende Folgen. Abgesehen davon, dass er dann der erste deutsche Bundeskanzler werden könnte, der sich – mangels Mandat – nicht selbst wählen kann, könnte er bei einer Wahlniederlage der CDU auch nicht die Rolle des Oppositionsführers, also des Fraktionsvorsitzenden im Parlament übernehmen. Um als Bundeskanzler gewählt zu werden, ist kein Bundestagsmandat notwendig, auch wenn nur die eigene Stimme Konrad Adenauer einst (1949) noch die Kanzlerschaft rettete.
Muss ein anderer Christdemokrat verzichten?
Wie die Berliner Zeitung schreibt, gibt es offenbar auch keine Rückfallposition in Nordrhein-Westfalen. Die Berliner Zeitung zitiert eine Frage der FAZ im Hinblick darauf, ob Laschet im Falle einer Niederlage bei der Bundestagswahl eine Rückfahrkarte nach NRW beanspruche, also das Amt des Ministerpräsidenten weiter ausüben wolle. Darauf antwortete Laschet ohne Umschweife:
"Klares Nein. Für mich ist klar: Mein Platz ist nach der Bundestagswahl in Berlin."
Wie die Berliner Zeitung weiter berichtet, hatte Laschet vor einigen Wochen überraschend auf die Direktkandidatur in seinem Heimatwahlkreis Aachen I zugunsten von Rudolf Henke verzichtet. Doch laut aktuellen Prognosen von election.de laufe Henke nun Gefahr, dort einem Bundestags-Fraktionsvize der Grünen, Oliver Krischer, zu unterliegen.
Als eine "allerletzte Variante" für Laschets Einzug in den Bundestag bezeichnet die Berliner Zeitung ein Manöver, bei dem ein(e) direkt gewählte(r) Abgeordnete(r) auf sein bzw. ihr errungenes Mandat verzichtet. So könnte dafür Armin Laschet nachrücken.
In diesem Zusammenhang sollte es jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass der Firma Johanssen und Kretschmer eine Nähe zur SPD nachgesagt wird. Der Leiter des SPD-Fachforums "Kultur- und Kreativwirtschaft" ist zugleich der Geschäftsführer von "Johanssen + Kretschmer Strategische Kommunikation GmbH", nämlich Heiko Kretschmer. Der Unternehmer sitzt auch im Präsidium des SPD-Wirtschaftsforums und übt dort die Funktion des Schatzmeisters aus.
Mehr zum Thema – Unionsabgeordnete fordern Laschet-Rückzug