In einer gemeinsamen Erklärung der Gewerkschaften, Kinderschutzorganisationen, Sozial- und Familienverbänden werden die Einführung einer Kindergrundsicherung und ein stärkerer Kampf gegen Kinderarmut in Deutschland gefordert. Alle Parteien werden im Hinblick auf die Bundestagswahl dazu aufgerufen, diesem kritischen Thema höchste Priorität einzuräumen. In den nächsten Koalitionsvertrag gehöre die Kindergrundsicherung, die als prioritäres Vorhaben in der nächsten Legislaturperiode unbedingt umgesetzt gehöre.
Die Linke, die Grünen und die SPD sprechen sich für ein solches Modell aus, das sich darum dreht, die bestehenden staatlichen Leistungen für Kinder zusammenzufassen, automatisch auszuzahlen und betroffenen Eltern eine gemeinsame Anlaufstelle dafür zu schaffen. Genannt werden das Kindergeld, der Kinderfreibetrag, Zuschüsse für Schul- und Freizeitaktivitäten (Bildungs- und Teilhabepaket) und die Hartz-IV-Sätze für Kinder und Jugendliche.
"Die vielen familienbezogenen Leistungen (...) erreichen ihr Ziel, Armut von Kindern zu vermeiden, nicht ausreichend", schreiben die Organisationen und Verbände.
Zugleich wird bemängelt, dass vieles nicht ausreichend aufeinander abgestimmt sei und zugleich zu bürokratisch geregelt wird. 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche würden aktuell von staatlichen Leistungen zur Existenzsicherung leben – davon 1,6 Millionen, obwohl deren Eltern erwerbstätig sind. Für die geforderte Kindergrundsicherung müsse eine neue Basis geschaffen werden, die das Existenzminimum für alle Kinder "neu und realistisch" berechnet.
"Notwendig ist eine Leistungshöhe, die deutlich über den Hartz-IV-Sätzen für Kinder und Jugendliche liegt."
Mehr als 20 Organisationen – darunter der Deutsche Gewerkschaftsbund, der Deutsche Kinderschutzbund, Sozial- und Familienverbände sowie der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte – haben die gemeinsame Erklärung unterzeichnet. Auch in der Bevölkerung findet die Idee einer Kindergrundsicherung breite Zustimmung, da man von 76 Prozent der Wahlberechtigten berichten kann, die das Vorhaben für richtig halten.
Selbst in der CDU, deren Wahlprogramm keine derartigen Pläne enthält, soll ebenfalls eine deutliche Mehrheit von 76 Prozent beziehungsweise 67 Prozent für eine Umsetzung der nun in der Erklärung verfassten Forderungen stimmen. Von 1.018 Befragten einer FORSA-Umfrage halten es 94 Prozent für wichtig, Kinderarmut zu bekämpfen.
Der Anlass für diese Erklärung sei dadurch geboten, dass die vielen familienbezogenen Leistungen ihr Ziel, die Armut von Kindern zu vermeiden, gar nicht erreichen würden. Die Anpassungen in der letzten Legislaturperiode hätten wiederum keinen Durchbruch in der Überwindung von Kinderarmut in Deutschland gebracht. Daher müsse man die Kindergrundsicherung für jedes Kind zu einer eigenständigen Leistung machen, die die bisherige Vielzahl unterschiedlicher Teilleistungen bündle und in Form einer einzigen Leistung direkt und automatisch auszahlt. Nur so käme sie wirklich bei den bedürftigen Kindern an.
Dabei müssten diese Beträge auch den Einkommen der Eltern entsprechen und je nach Umfang der Einkünfte in der Höhe langsam auf einen Sockelbetrag angepasst werden.
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