Vor einigen Wochen entschied sich das Land Berlin dazu, "neue und kreative Wege" zu gehen, um die noch nicht gegen COVID-19 geimpften Bewohner der Hauptstadt zu einer Impfung zu bewegen. Zu den Angeboten, die auf die Berliner Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci zurückgehen, zählte etwa eine sogenannte "lange Nacht des Impfens". Auch die Clubszene hatte man im Visier, um jüngere Menschen direkt ansprechen. Junge Leute über 18 werde ihre Behörde deshalb anschreiben, wurde berichtet. Das war Mitte Juli.
Nun schlug man erneut einen kreativen Weg ein, um sich an noch jüngere Berliner zu wenden. So trudelten in den vergangenen Tagen bei 180.000 Einwohner der deutschen Hauptstadt im Alter zwischen 12 und 17 Jahren ein Brief ein. Er stammt von Dilek Kalayci. Bei dem Schreiben handelt es sich um eine "Einladung und Information zur Impfung gegen SARS-CoV-2".
Das Schreiben, in dem Kalayci "über das Thema Impfen informieren" möchte, ist direkt an die 12- bis 17-jährigen Berliner gerichtet, nicht an deren Eltern. Um die Heranwachsenden zu einer Corona-Impfung zu bewegen, wird u. a. an das Verantwortungsbewusstsein der 12- bis 17-Jährigen appelliert.:
"Insbesondere waren eure Großeltern gefährdet und wurden bevorzugt geimpft. Das war gut, ist aber noch nicht ausreichend!"
Die Dringlichkeit des Appells an die 12- bis 17-Jährigen, sich zum Schutz anderer gegen SARS-CoV-2 impfen zu lassen, wird anschließend erneut unterstrichen. Die Impfung, so schreibt die SPD-Politikerin weiter, schütze dreifach: zum einen die Kinder ("euch selbst", zum anderen "die Personen, mit denen ihr euch trefft und die gesamte Gesellschaft, also uns alle!"
Die Experten der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut (STIKO) haben, was die Impfung von 12- bis 17-Jährigen anbelangt, derweil eine ganz eigene, explizite Meinung. So sollten sich nach Ansicht des Gremiums zunächst alle Personen der älteren Jahrgänge – und nicht die 12- bis 17-Jährigen – impfen lassen. Diese seien nach aktuellem Erkenntnisstand nur sehr selten von entsprechend schweren Krankheitsverläufen betroffen.
"Etwa 1 Prozent der Kinder und Jugendlichen, die an COVID-19 erkranken, muss ins Krankenhaus, etwa 0,001 Prozent verstirbt."
Folglich sei die Risiko-Nutzen-Abwägung einer Corona-Impfung bei Kindern eine andere als bei erwachsenen Personen. Die STIKO sprach auf dieser Basis daher keine generelle Empfehlung für eine Corona-Impfung der 12- bis 17-Jährigen aus. Wollen Eltern ihre Kinder trotzdem impfen lassen, können sie dies dennoch tun. Eine Ausnahme gilt laut STIKO ohnehin für 12- bis 17-Jährige mit schweren Vorerkrankungen.
Im Schreiben der Berliner Gesundheitssenatorin wird auch auf die STIKO eingegangen. Deren Expertise will die gelernte Wirtschaftsmathematikerin und spätere Angestellte der Deutschen Kreditbank AG Kalayci jedoch so nicht gelten lassen.
"Zu den Nach- und Nebenwirkungen der Impfung wusste man zum Zeitpunkt der Empfehlung nicht so viel."
So heißt es im Schreiben, dass dennoch "bereits ca. 10 Millionen Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren weltweit geimpft" sind.
Zudem seien in Deutschland die Impfprodukte der Hersteller BioNTech/Pfizer und Moderna für die Altersgruppe der 12- bis 17-Jährigen geprüft und zugelassen. Außerdem sei die Impfung "kostenlos und freiwillig".
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