Am Dienstag wurde aus Kreisen der Bundesregierung bekannt, dass künftig alle Urlaubsrückkehrer – egal aus welchen Ländern sie einreisen – einen Nachweis über eine vollständige Impfung, eine Genesung oder einen negativen Test vorlegen müssen. Dafür hatten sich unter anderem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ausgesprochen. Die Regelung soll heute vom Bundeskabinett beschlossen werden.
Gestern Abend verteidigte der Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz diese Regelung in der ARD-Sendung Tagesthemen. Aus seiner Sicht gehe es darum, "die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land zu schützen". Außerdem sieht er darin keinen großen Mehraufwand, denn: "Wir alle sind es gewohnt, uns testen zu lassen, das tun wir schon seit sehr, sehr langer Zeit." Für Scholz gehört das "zur Praxis der Corona-Pandemie dazu".
Daher sei es "richtig", dass sich ab Sonntag auch diejenigen bei ihrer Einreise testen lassen müssen, "bei denen das bislang nicht vorgeschrieben war". Viele davon müssten sich ohnehin im Urlaub für bestimmte Aktivitäten testen lassen. Außerdem ist sich der Vizekanzler sicher:
"Viele Menschen finden es gut, dass sie mit Tests sicherstellen können, dass sie andere nicht anstecken. Wer will das schon?"
Aus Sicht des SPD-Kanzlerkandidaten wollen alle Urlauber, "dass wir einen guten Herbst und Winter haben" und "dass wir nicht wieder zu Lockdowns kommen". Schon aus diesem Grund würden sie die Tests auf sich nehmen.
Vom Interviewer auf die vermutlich nur stichprobenartigen Kontrollen an den Grenzen und die teuren Corona-Tests im Ausland angesprochen, betont Scholz:
"Die meisten Deutschen sind aus meiner Sicht so, dass sie sich an Vorschriften und Regeln halten. Und das ist ganz gut so. Wir haben deswegen einen guten Rechtsstaat, weil das die Praxis in unserem Land ist und nicht, weil jeder sich nur dann an Regeln hält, wenn man auch erwischt werden könnte."
Scholz nutzt das ARD-Interview, um Werbung für die Corona-Impfungen zu machen. Diese sollen im Zusammenspiel mit den Tests vermeiden, "dass es jetzt im Herbst wieder zu Situationen kommt wie im letzten Jahr". Deswegen müssten auch "an ungewöhnlichen Orten" Impfungen möglich gemacht werden. Der SPD-Politiker appellierte an die Bürger:
"Jeder, der nicht geimpft ist, riskiert, infiziert zu werden in diesem Herbst und Winter, und riskiert, auch andere anzustecken. Das möchte, glaube ich, niemand gerne verantworten."
Auf die Frage, ob eine vierte Welle gebrochen werden könne, antwortete der Vizekanzler ausweichend. Er mahnte aber, dass zahlreiche Corona-Maßnahmen noch eine "große Zeit" weitergehen würden:
"Wir müssen möglichst viele Vorsichtsmaßnahmen beibehalten, die keine allzu große Beeinträchtigung darstellen. Zum Beispiel Testen in Betrieben und Schulen wird noch eine große Zeit eine Rolle spielen. Wir werden es wahrscheinlich noch längere Zeit so haben, dass bestimmte Räume nur aufgesucht werden, wo es eng ist, wo die Möglichkeit einer Infektion groß ist, wenn man geimpft oder genesen ist oder einen negativen Test vorweisen kann. Und wir werden da, wo es Gedränge gibt, im öffentlichen Verkehr auch Masken tragen müssen."
Aktuelle Meinungsumfragen sprechen für Scholz
Scholz' Selbstbewusstsein wird durch aktuelle Umfragen gestärkt. In einer Online-Befragung durch das Meinungsforschungsinstitut YouGov sprachen sich 20 Prozent der Befragten für Scholz als Kanzler aus, wenn es möglich wäre, ihn direkt zu wählen. 15 Prozent würden den Unions-Kanzlerkandidaten Armin Laschet wählen, 13 Prozent die Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock. In der Umfrage wurden 2.104 Personen im Zeitraum zwischen dem 23. und 26. Juli befragt.
Vor einem Monat hatten sich noch 21 Prozent für Laschet ausgesprochen und nur 16 Prozent für Scholz. Die dpa sieht als mögliche Erklärung "das Agieren Laschets nach den verheerenden Überschwemmungen Mitte Juli auch in Nordrhein-Westfalen, wo er Kritik für einen missglückten Auftritt auf sich zog".
In derselben Umfrage sprachen sich jedoch 28 Prozent der Befragten dafür aus, die CDU/CSU wählen zu wollen. Die SPD kam auf 16 Prozent der Stimmen und liegt damit gleichauf mit den Grünen. Für die AfD und die FDP sprachen sich jeweils zwölf Prozent der Befragten aus, für Die Linke acht Prozent.
Bereits Ende letzter Woche hatte eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts INSA im Auftrag der Bild am Sonntag ergeben, dass im Falle einer Direktwahl 21 Prozent der Befragten (damals 1.005 Personen, befragt am 24. Juli) Scholz wählen würden. Laschet käme auf 15 Prozent, Baerbock auf 14 Prozent.
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