Vor den extremen Überschwemmungen im Westen Deutschlands ist nur ein Teil der Bevölkerung mit Sirenengeheul gewarnt worden. Das liegt auch daran, dass es vielerorts gar keine oder nur noch wenige funktionsfähige Sirenen gibt.
Ein von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) aufgesetztes Förderprogramm für die Länder, die für den Katastrophenschutz in Friedenszeiten die Verantwortung tragen, ist zwar geplant, aber noch nicht umgesetzt. Ministeriumssprecher Steve Alter antwortete auf dpa-Anfrage, dass dieser Prozess auf der Zielgeraden sei:
"Seit dem Frühjahr laufen mit den Ländern Abstimmungen zum Förderprogramm für den Aufbau und die Ertüchtigung der Sirenen."
Der Bund hatte den Ländern insgesamt 88 Millionen Euro angeboten. Die Wartungskosten für die Anlagen müssen die Länder aber selber aufbringen. Hinzu kommt, dass es aktuell keine bundesweite Übersicht gibt, wo überall Warnsirenen stehen und wo nicht. An der Erstellung einer solchen Übersicht, zu der alle Länder und Kommunen beitragen müssen, arbeitet das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) seit dem Frühjahr. Gegen Ende des Jahres soll es fertig sein.
Im vergangenen Jahr hatte es am 10. September zum ersten Mal im vereinigten Deutschland einen sogenannten Katastrophen-Warntag gegeben. An diesem sollten bundesweit die Sirenen heulen. Den Warntag hatte das Bundesinnenministerium im Nachhinein als "fehlgeschlagen" bezeichnet – in vielen deutschen Städten blieb es ruhig. Das lag daran, dass vielerorts keine oder deutlich zu wenige Sirenen existieren zum Beispiel in München und Berlin.
Das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) berichtet, dass es bis 1993 sogenannte "Warnämter" mit Bunker und gut ausgebautem Sirenennetz mit über 80.000 Sirenen gegeben habe. Aus Kostengründen wurde dieses stark verkleinert und in die Obhut der Kommunen übergeben. Eine Folge dessen ist der Flickenteppich an Sirenenverfügbarkeit in Deutschland. Nur wenige deutsche Städte verfügen noch über ein flächendeckendes, intaktes Sirenennetz. Dazu gehören zum Beispiel Köln oder Hamburg, dort um vor Sturmfluten zu warnen – eine Lehre aus der Sturmflut von 1962. Das RND schlussfolgerte 2020:
"In Deutschland gibt es somit kein flächendeckendes System zur Alarmierung der Bevölkerung mit 'Weckfunktion' mehr. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe sucht nach einem neuen Medium dafür."
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(rt/dpa)