Bundeskanzlerin Angela Merkel hat angesichts der Berichte um die sogenannte Delta-Variante des Coronavirus vor voll besetzen Stadien bei der Europameisterschaft gewarnt und die Europäische Fußball-Union (UEFA) zu verantwortungsvollen Entscheidungen gemahnt.
Nach einem Treffen mit EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen in Berlin erklärte Merkel am Dienstag mit Blick auf Großbritannien:
"Ich hielte es nicht für gut, wenn voll besetzte Stadien dort sind."
Sie denke es zwar nicht, hoffe aber, dass die UEFA verantwortungsvoll mit der Lage umgehe, sagte Merkel.
In Großbritannien grassiert die Delta-Variante des Virus Sars-CoV-2. Seit Tagen wird darüber diskutiert, ob die Halbfinal-Spiele und das Finale der EM wie geplant in London stattfinden sollen oder ob der Austragungsort gewechselt wird. Wie der britische Kultur- und Sportminister Oliver Dowden vor wenigen Tagen erklärte, seien beim Halbfinale und Finale der Europameisterschaft 40.000 Fußballbegeisterte im Wembley-Stadion willkommen. Zunächst war von 22.500 Fans die Rede gewesen.
Merkel betonte des Weiteren, nachdem Großbritannien ein sogenanntes Virusvariantengebiet ist, müsse jeder, der von dort nach Deutschland zurückkomme, 14 Tage in Quarantäne – mit ganz wenigen Ausnahmen. Der Reiseverkehr sei sehr eingeschränkt. Sie unterstütze alle Anstrengungen der britischen Regierung, die notwendigen Hygienemaßnahmen walten zu lassen.
In Großbritannien war der sogenannte "Freiheitstag" am 21. Juni, an dem auch die verbliebenen Corona-Restriktionen aufgehoben werden sollten, zuletzt auf den 19. Juli verschoben worden. Der britische Premierminister Boris Johnson erklärte, dass es aufgrund der Ausbreitung der Delta-Variante jetzt darum gehe, weitere Millionen Bürger zu impfen.
"Jetzt ist es an der Zeit, vom Gaspedal zu gehen, denn wenn wir jetzt vorsichtig sind, haben wir in den nächsten vier Wochen die Chance, viele Tausende von Leben zu retten, indem wir Millionen weitere Menschen impfen."
Doch auch die Corona-Vakzine bieten offensichtlich keinen vollständigen Schutz gegen die Delta-Variante. So verwies etwa die Deutsche Welle vor wenigen Tagen auf Erkenntnisse der britischen Behörde Public Health England (PHE).
"Sieben Menschen starben an einer Delta-Infektion 21 Tage nach der ersten Dosis, und zwölf weitere mehr als zwei Wochen nach der zweiten Dosis."
Merkel bedauerte derweil erneut, dass es in der EU "noch nicht gelungen ist, ein ganz einheitliches Verhalten der Mitgliedsstaaten bezüglich der Reisebestimmungen zu haben. Das schlägt zurück".
Die Bundeskanzlerin zeigte sich überzeugt, dass man eine Situation wie in Portugal, wo massive Maßnahmen in der Stadt Lissabon ergriffen wurden, hätte vermeiden können.
"Deshalb müssen wir hier noch stärker daran arbeiten", forderte Merkel. Man sei in der EU schon ziemlich gut in den vergangenen Monaten vorangekommen, "aber noch nicht da, wo ich mir wünsche, dass die Europäische Union sein sollte".
Der wohl prominenteste Corona-Experte der Bundesregierung, der Virologe Christian Drosten, hatte sich angesichts der Delta-Variante Ende April noch zurückhaltend geäußert. Angesichts von Bildern sterbender Menschen aus Indien, die ganz wesentlich zur Delta-Angst auch in Deutschland beitrugen, gab Drosten zu Protokoll, dass die Mutante wohl nicht die alleinige Ursache darstelle. Vielmehr handele es sich "um eine bunt gemischte Virus-Population". Er halte die indische Variante B.1.617 für "in der Medienbewertung überschätzt"
"Es kann sein, dass in zwei Monaten sich herausstellt, dass doch irgendwas ist mit diesem Virus."
Merkel dankte derweil der EU-Kommissionschefin für ihren Einsatz im Kampf gegen das Coronavirus:
"Sie hat in dem ganzen Geschäft der Pandemiebekämpfung im Grunde keine Kompetenz und treibt die Gesundheitsunion voran und hat da unglaublich viel erreicht."
Dabei könne von der Leyen auf die volle deutsche Unterstützung vertrauen.
Bereits vor einigen Tagen hatte sich Merkel sorgenvoll zu vollen Stadien während der EM gezeigt. Vor einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Berlin gab die Bundeskanzlerin zu Protokoll:
"Wenn ich vollkommen besetzte Stadien sehe in anderen Ländern Europas, bin ich skeptisch, ob das die richtige Antwort auf die augenblickliche Situation ist."
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