Die Rede ist inzwischen von einer neuen Maskenaffäre. Der Vorwurf an das Bundesgesundheitsministerium von Minister Jens Spahn (CDU) wiegt schwer: Corona-Masken sollen im vergangenen Jahr massenhaft in China bestellt, aber nicht gemäß hohen Standards getestet worden sein. Anschließend sollten sie nach Plänen des Bundesministeriums an Obdachlose, Behinderte und Hartz-IV-Empfänger verteilt werden. Einem Medienbericht zufolge sei erst nach einer Intervention des SPD-geführten Arbeitsministeriums davon Abstand genommen worden. Die Auseinandersetzung zwischen den Unionsparteien und der SPD wird auf offener Bühne ausgetragen.
Spahn hatte die Vorwürfe zurückgewiesen: Die Masken aus China seien nachweislich geprüft worden. Sie hätten zwar keine EU-Zertifizierung, seien aber beim Infektionsschutz sicher. Die SPD-Spitze hatte jedoch am Montag ihre Rücktrittsforderungen gegen Spahn aufrechterhalten. Der CDU-Politiker selbst wirft den Sozialdemokraten nun vor, wenige Monate vor der Bundestagswahl wegen des Wahlkampfs unseriöse Stimmungsmache gegen ihn zu betreiben. Im ARD-"Morgenmagazin" am Dienstag sagte der CDU-Politiker, man habe "das sachlich, fachlich miteinander aufgeklärt vor sechs Monaten". Nun stelle sich die Frage, warum das, was vor Monaten "geräuschlos" ging, jetzt kurz vor einer Wahl wieder hochkommt.
Nun hat sich auch noch die FDP eingeschaltet. Die Liberalen fordern die Einsetzung eines Sonderermittlers. Der FDP-Bundestagsfraktionsvize Michael Theurer sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND):
"Die Faktenlage deutet auf eine lange Fehlerkette von Minister Spahn hin. Wir haben den Eindruck, bei den jetzt bekanntgewordenen Vorgängen um die Bestellung der Masken handelt es sich nur um die Spitze des Eisbergs."
Die Vorgänge müssten schnell und lückenlos aufgeklärt werden.
Für einen Untersuchungsausschuss im Bundestag sei es nun leider zu spät, sagte Theurer mit Blick auf die im September anstehende Bundestagswahl. Er forderte daher:
"Die Bundesregierung oder der Bundestag müssen deshalb umgehend einen Sonderermittler einsetzen, der am besten vom Bundesrechnungshof kommen sollte."
Auch von den Grünen gab es scharfe Kritik an Spahn. Die Fraktion der "Ökopartei" im Bundestag warf dem Gesundheitsministerium vor, bereits im Sommer minderwertige Masken verteilt zu haben. Die Gesundheitsexpertin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Maria Klein-Schmeink, sagte dem RND:
"Die zum Teil minderwertigen Masken sind im vergangenen Sommer an die Länder, an Kassenärztliche Vereinigungen, an Pflegeheime sowie an Einrichtungen der Wohnungslosen- und der Eingliederungshilfe gegangen."
Die Linke etwa beantragte eine Aktuelle Stunde im Bundestag. So sagte der Linke-Fraktionsgeschäftsführer Jan Korte am Montag der Nachrichtenagentur dpa:
"Statt in der Krise Sicherheit zu geben, veranstaltet die Koalition ein unwürdiges Theater und schiebt die Verantwortung hin und her."
Es stünden mehrere Vorwürfe im Raum, von der Abwertung benachteiligter Bevölkerungsgruppen bis hin zum "Verbrennen" von Milliarden Euro an Steuergeldern, so Korte weiter.
Bereits im August wären die Masken aus Pflegeheimen zurückgekommen – mit dem Hinweis, dass das Material "minderwertig" sei, die Masken "komisch riechen" oder "die Halterungen leicht reißen".
Der Vorstandssprecher der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung: "Zu den Importmasken liegt uns eine Fülle von Hinweisen auf Fake-Ware vor, die die Qualitätsanforderungen im medizinischen Bereich nicht ansatzweise erfüllt, aber trotzdem zum Einsatz kommt."
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