"Kandidat Lutze kann nicht unterstützt werden", sagte Lafontaine am Montag in Saarbrücken. Der Landesvorsitzende Lutze betreibe seit Jahren ein Betrugssystem bei den Mitgliederlisten der Partei, um sich über "den Kauf von Mitgliedern" Unterstützung zu sichern.
"Diese Entwicklung führt dazu, dass diese Partei sich in die falsche Richtung entwickelt", sagte Lafontaine der Deutschen Presse-Agentur (dpa). "Das geht nicht so weiter. Auf der Basis eines Betrugssystems kann man keine erfolgreiche politische Arbeit aufbauen." Lutze war am Sonntag bei einer Mitgliederversammlung mit 55,6 Prozent der Stimmen auf Platz eins der Landesliste für die Bundestagswahl gewählt worden.
Lafontaine hatte vor einer Wahl des 51-Jährigen gewarnt. Das Wahlergebnis vom Sonntag geht nach Ansicht von Lafontaine auch auf das System des "Mitglieder-Kaufs" zurück. "Heute 'hilft' er (Lutze) vermutlich eher 50 bis 60 Mitgliedern bei der Beitragszahlung und einige seiner Unterstützer 'helfen' bei der Rekrutierung fingierter Mitglieder ebenfalls", teilte Lafontaine mit.
Kritik von Parteiprominenz
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Lutze wegen des Anfangsverdachts der Urkundenfälschung. Nach Angaben der Behörde geht es dabei um Listen über Beitragszahlungen von Parteimitgliedern aus dem Jahr 2018 und darum, wer dort diverse Unterschriften geleistet hat. Lutze, seit dem Jahr 2009 Mitglied im Bundestag, hat jegliche Vorwürfe bestritten.
Lafontaine wollte sich zu der Frage, ob er bei der Landtagswahl im Saarland im März 2022 erneut als Spitzenkandidat für die Linke antreten wird, nicht äußern. "Zunächst warten wir die Bundestagswahl ab. Dann werden wir weitere Entscheidungen treffen." Der Linke-Politiker erneuerte seine Forderung an den Bundesvorstand, "die Mitgliederkartei im Saarland zu bereinigen. Denn sonst geht das ja endlos weiter". Zudem solle der Bund künftig nicht nur Wählerbestechung, sondern auch Mitglieder-Bestechung bestrafen.
Lutze könne auch nicht gewählt werden, da er Waffenlieferungen an Kriegsparteien befürworte und Staatsbeteiligungen zur Rettung von Betrieben ablehne, sagte Lafontaine. Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag Dietmar Bartsch kritisierte Lafontaine. "Ich finde es falsch, dazu aufzurufen, die Linke nicht zu wählen", sagte Bartsch dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Der ehemalige Linken-Bundesvorsitzende Bernd Riexinger äußerte sich ebenfalls kritisch. "Man kann nicht als Fraktionsvorsitzender dazu aufrufen, die eigene Partei nicht zu wählen", sagte er dem RND. "Wenn einem der Kandidat nicht gefällt, dann muss man sich eben bemühen, Mehrheiten für einen anderen Kandidaten zu gewinnen."
Nachtrag:
Auf Nachfrage von RT DE antwortete der Pressesprecher der Linksfraktion im Landtag des Saarlandes:
"Die Fraktion hat letzte Woche einstimmig eine Erklärung beschlossen, in der sie sich im Streit über die Manipulationsvorwürfe gegen Thomas Lutze und die Aufforderung des Landesvorstands an Oskar Lafontaine, die Partei DIE LINKE zu verlassen, einmütig hinter ihren Fraktionsvorsitzenden stellt und in der es heißt: 'Nur durch eine Neuaufstellung, die das Betrugssystem der vergangenen Jahre überwindet, hat DIE LINKE an der Saar eine Zukunft.'
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(rt de/dpa)