Der Politikwissenschaftler Heinrich Oberreuter von der Universität Passau geht davon aus, dass von der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt am Sonntag eine erhebliche Stimmungsmacht ausgehen wird. Im Gespräch mit RT DE sagte Oberreuter:
"Ich habe den Eindruck, dass, egal wie groß Sachsen-Anhalt ist, die Stimmungsmacht, die davon ausgeht, groß sein wird. Es ist die letzte Wahl vor der Bundestagswahl. Es ist eine Wahl mit einer schwierigen Position für die Union, mit einem Kanzlerkandidaten und Vorsitzenden, der intern auch umstritten ist. In einer Situation, in der er ursprünglich nicht der Favorit der sachsen-anhaltinischen CDU gewesen war. Es könnte ein Stimmungsbarometer sein."
Gegenüber der letzten Wahl erwartet der Politikwissenschaftler keine großen Veränderungen. Die CDU werde wahrscheinlich wieder stärkste Kraft werden, die AfD aber in eine Art Blockadeposition gelangen. Die anderen Parteien sieht Oberreuter in einer Art Zwangsposition, sich trotz oft fehlender inhaltlicher Übereinstimmung auf eine Koalition zu einigen. Schon die derzeit regierende Kenia-Koalition von CDU, SPD und Grünen sei im Wesentlichen von ihrer Gegnerschaft zur AfD zusammengehalten worden.
Oberreuter äußerte Zweifel an der Analyse von Ministerpräsident Reiner Haseloff, der die Bundesregierung und die sogenannte Bundesnotbremse für die schlechten Umfragewerte seiner Partei verantwortlich gemacht hatte. Haseloff habe selbst den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder im Rennen um die Kanzlerkandidatur unterstützt, einen der Hauptvertreter stärkerer Restriktionen für die Bürger. Wenn die starke Minderheit der Maßnahmengegner die AfD gestärkt hat, sei er an dieser Entwicklung mit schuld.
Im Ergebnis der Wahl kann sich Oberreuter fast jede Regierungskonstellation vorstellen – außer einer Koalition, die die AfD beinhaltet. Die absehbare Rückkehr der FDP in den Landtag könne neue Möglichkeiten eröffnen. Letztlich werde sich vielleicht alles um wenige Prozentpunkte und Mandate drehen.
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