Die dramatische Situation des Waldes hat der Oberbürgermeister von Wernigerode auf dem 2. Nationalen Waldgipfel anschaulich gemacht. Peter Gaffert, Förster von Beruf, sagte auf der Online-Veranstaltung am Mittwoch: "Den schönen schattigen Wald werden wir in den nächsten 30 bis 40 Jahren so nicht mehr erleben können. Die Wanderwege, die auf den Brocken hinauf führen – da haben Sie praktisch keinen Schatten mehr."
Der Waldgipfel, zu dem Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) nach Sachsen-Anhalt eingeladen hatte, diente der Ausarbeitung einer Waldstrategie bis zum Jahr 2050. Auf dem 1. Waldgipfel vor zwei Jahren wurden die Schäden aufgenommen, die die letzten Hitzesommer hervorgerufen haben und weiterhin hervorrufen. Für diesen Zeitraum hat die Bundesregierung ein Programm aufgelegt, das den Wald mit seinen Klimaschutzfunktionen erhalten soll. Es umfasst insgesamt 1,5 Milliarden Euro und ermöglicht kurzfristige Programme in seinem Rahmen.
Julia Klöckner legte dar, dass seit dem ersten Gipfel auf 34.000 Anträge hin 169 Millionen Euro an Hilfe ausgezahlt wurden. Sie sagte, dass aller Wahrscheinlichkeit nach zwei Drittel aller kommunalen und privaten Waldbesitzer auf Hilfszahlungen angewiesen sein werden. Daher sei dieses Hilfsprogramm um weitere 550 Millionen erhöht worden. "Wenn wir auf der einen Seite Preise für den Ausstoß von Kohlendioxid erheben, müssen wir auf der anderen diejenigen belohnen, die für eine Speicherung von Kohlendioxid sorgen", meinte Klöckner.
Die Stadt Wernigerode besitzt 2.100 Hektar Wald. Davon sind jetzt 1.100 "praktisch tot", "wirklich tot" sind 700 bis 800. "Wir haben von 2018 bis 2020 soviel fällen müssen wie sonst in 30 Jahren", sagte OB Gaffert weiter. "In einem Jahr schaffen wir es, 20, vielleicht 25 Hektar wieder aufzuforsten." Der OB sorgt sich dabei weniger um die direkten wirtschaftlichen Schäden; es geht um den Anblick der gerodeten Flächen und um die Heimatverbundenheit. Bewohner wie Besucher müssen sich damit arrangieren.
Ein weiteres Beispiel vom Waldgipfel kommt aus Bayern. Angelika Morgenroth ist Waldbesitzerin bei Bamberg und Vorsitzende des dortigen Nutzervereins. Sie berichtete, wie sie seit 2003 den Fichtenwald stellenweise in einen Mischwald umwandelt. "Damals traten die großen Schäden durch die Borkenkäfer auf. Seither haben wir in regelmäßigen Abständen Laubbäume gepflanzt." Sie und Angehörige hätten Buchen und Eichen in kleinen Gruppen angepflanzt. Nicht alle gediehen, aber an mehreren Orten sei jetzt ein echter Mischwald im Entstehen. "Wir haben die Setzlinge gegossen. Das müssen Sie sich mal vorstellen: Waldbäume im Winter gießen!"
Angelika Morgenroth fordert, finanzielle Hilfen immer zweckgebunden auszuzahlen. "Und vergessen Sie die Jagd nicht. Im Rahmen der Vorschriften erhöhen wir die Jagdquoten, um die nachwachsenden Bäume zu schützen."
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