Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel berichtete am 21. Mai über die "öffentlichkeitswirksame Impfung in Russland" des Bundestagsabgeordneten Dr. Diether Dehm von Die Linke. Für diese Aktion stehe Dehm in der Kritik, so moniert der Beitrag im Spiegel. Das Nachrichtenmagazin zitiert dazu den innenpolitischen Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Konstantin Kuhle, der gegenüber dem Spiegel sagte: "Der Impfstoff Sputnik V hat in zahlreichen Ländern einen erheblichen politischen Flurschaden angerichtet." Zudem ziele die "russische Kampagne für Sputnik V auf eine 'Schwächung europäischer Institutionen und demokratischer Gesellschaften'". Laut Kuhle sei es bedauerlich, "wenn Dehm der russischen Propaganda auf den Leim gehe". Zudem stelle es auch eine Zweckentfremdung öffentlicher Mittel dar, "wenn er dies auf Kosten des deutschen Steuerzahlers tut".
Laut dem Beitrag im Spiegel soll Dehm auch innerhalb seiner eigenen Fraktion kritisiert worden sein. Das Nachrichtenmagazin schreibt:
"Auch in der Sitzung der Linken-Bundestagsfraktion gab es Unmut über den Vorgang, wie Abgeordnete berichten. Dass sich Dehm auf einer Dienstreise impfen ließ, sei zumindest ungewöhnlich. Für Verärgerung sorgte aber vor allem, dass Dehm seine Impfung so öffentlich zelebrierte. Damit, so der Vorwurf, unterstütze er die Kampagne Russlands und dessen geopolitische Interessen."
Dehm selber äußerte sich am Mittwoch via Facebook. Auf seiner Profilseite schreibt der Linken-Abgeordnete, er habe mehrfach vergeblich versucht, sich in der kubanischen Botschaft impfen zu lassen. Deshalb habe er sich in letzter Minute dazu entschieden, nach dem Ende seines lange feststehenden Besuchs der Feierlichkeiten in Russland zum Tag des Sieges über den Faschismus am 9. Mai in Moskau die Privatklinik "Archimed" für eine Impfung mit Sputnik V aufzusuchen. "Selbstverständlich bis zum letzten Taxi-Rubel auf eigene Kosten", so Dehm.
Der Politiker wirft "SPIEGEL, Cicero, taz und Co" vor, seine Impfung skandalisieren zu wollen, ohne jedoch "ein Wort zu dem zuvor monatelang von ihnen verleumdeten, aber seit Januar international hochgelobten russischen Impfstoff verlieren zu müssen". Dehm widerspricht in seinem Facebook-Beitrag dem FDP-Politiker Kuhle. Er frage sich, so Dehm:
"Welcher Art von 'Schwächung demokratischer Gesellschaften' könnte ein im von der deutschen Regierung zu verantwortenden, monatelangen Impfdesaster frühzeitig zugelassener russischer Impfstoff wohl haben außer: Menschenleben zu retten?"
Letzteres wäre stattdessen mit konstruktiver und wahrhaft europäischer Zusammenarbeit möglich gewesen. Ein weiteres, effektives Instrument um Leben zu retten sei – laut dem Linken-Politiker – die Freigabe "der ohnehin elementar mit deutschen Steuergeldern entwickelten Impfstoffe für eine schnelle, günstige Produktion in öffentlicher Hand." Doch Kuhle habe diesbezüglich am 6. Mai gegen den gleichlautenden Antrag der Linken-Fraktion im Bundestag gestimmt. Dehm dazu:
"Die EU unter deutscher Führung bevorzugte es, einen 35 Milliarden-Euro-Deal mit BioNTech zu schließen, statt Impfpatente mittels fairer Ausgleichszahlungen in die öffentliche Hand zu überführen. Aktionäre jubeln – Steuer-Bürger zahlen."
Diether Dehm fragt weiter, welche "Schäden" Sputnik V wo genau angerichtet habe, und verweist auf den "EU-Staat Ungarn", der sich frühzeitig über die von der EMA "ganz offensichtlich verschleppte Zulassung" des russischen Impfstoffs hinweggesetzt und schon vor fast vier Monaten eine erfolgreiche Impfkampagne mit Sputnik V gestartet habe. Der Linken-Abgeordnete erwähnt in diesem Zusammenhang auch den europäischen Kleinstaat San Marino, der ebenfalls seit Monaten erfolgreich mit Sputnik V impfe. Und Dehm fragt ironisch: "Werden die Einwohner dieser EU-Staaten nun eigentlich sanktioniert?"
Anders als in Deutschland öffentlich meist vermittelt, könne sich jeder EU-Mitgliedsstaat mittels Notfallverfahren dazu entschließen, Impfstoffe zuzulassen, schreibt Dehm weiter. Dass die Bundesregierung dies nicht ebenfalls getan habe, lasse nur eine Interpretation zu, so Dehm:
"Trotz Lockdowns ohne Augenmaß und massiven Grundrechtseinschränkungen bestand für die Bundesregierung offenbar zu keinem Zeitpunkt eine Notfallsituation?"
Der Linken-Politiker kritisiert auch, dass der "eigentliche Hintergrund" seines Besuchs am 8. und 9. Mai in Moskau vom Spiegel nur am Rande erwähnt werde. Auch habe es kein Politiker von der FDP oder der CDU, SPD, AfD und den Grünen für nötig gehalten, "im europäischen Sinne der Völkerverständigung den über 27 Millionen sowjetischen Opfern des deutschen Faschismus Respekt zu zollen." Dehm fragt:
"Was sagt das eigentlich über diese viel bemühten 'europäischen Werte' aus?"
Er habe an diesem "Gedenktag des Sieges über den Faschismus" in "der europäischen Stadt Moskau keine anderen Bundestagsabgeordneten getroffen". Russland bleibe "ein elementarer Teil Europas", dies sei "ein Fakt, den man nicht oft genug wiederholen" könne. Zumal in einer Zeit, wie Dehm weiter schreibt, in der "deutsche Panzer wieder an russischen Grenzen stehen und in der grüne Parteivorsitzende öffentlich gegen Russland gerichtete Waffenlieferungen in die Ukraine fordern!"
"FDP-Transatlantiker Lambsdorff und Terroristen-Joschka" würden sich, so Dehm, währenddessen "begeistert gegenseitig die medialen Oberschenkel wundschlagen", da man "den Russen endlich mal wieder '...richtig weh zu tun!' " könne. Und all das geschehe übrigens, schreibt Dehm weiter, "drei Wochen vor dem 80. Jubiläumstag des deutschen Überfalls ..."
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