Hansi Flick löst Jogi Löw als Bundestrainer ab

Die Bundestrainer-Nachfolge ist noch vor der kommenden Europameisterschaft geklärt worden. Hansi Flick übernimmt nach der EM den Posten von Joachim Löw. Für den 56-Jährigen ist es nach seiner erfolgreichen Bayern-Zeit eine Rückkehr mit vielen guten Erinnerungen.

Hansi Flick wird neuer Bundestrainer der Fußball-Nationalmannschaft und beerbt seinen einstigen Chef und Weltmeister-Coach Joachim Löw. Wie der Deutsche Fußball-Bund (DFB) am Dienstag bestätigte, wird der 56-Jährige nach seinem erfolgreichen Engagement mit sieben Titeln beim FC Bayern München nach der EM in diesem Sommer das höchste nationale Traineramt übernehmen.

Flick erhält einen Vertrag bis zur Heim-Europameisterschaft 2024. Das erste große Turnier wird für Flick die WM im Spätherbst 2022 in Katar sein. "Meine Vorfreude ist riesig, denn ich sehe die Klasse der Spieler, gerade auch der jungen Spieler in Deutschland. So haben wir allen Grund, die kommenden Turniere, zum Beispiel die Heim-EM 2024, mit Optimismus anzugehen", sagte Flick in einer Pressemitteilung.

"Die menschlichen und fachlichen Qualitäten von Hansi Flick kenne und schätze ich seit unseren vielen gemeinsamen erfolgreichen Jahren bei der Nationalmannschaft. In der Zeit bei Bayern München hat er gezeigt, wohin er eine Mannschaft als Cheftrainer führen kann", sagte Oliver Bierhoff. "Wir haben ein großes gemeinsames Ziel: zurück an die Weltspitze", betonte der DFB-Direktor.

Die Entscheidung pro Flick kommt nicht mehr überraschend. Er war seit der Rücktrittsankündigung von Löw im Februar stets der Wunschkandidat von Bierhoff. Zuletzt ging es vornehmlich um vertragliche Details. Flick dürfte dabei auch darauf gedrängt haben, dass Bierhoff in der Führungskrise beim DFB sein Vorgesetzter und Ansprechpartner bleibt.

Nach den Bayern-Erfolgen soll der künftige Bundestrainer auch bei europäischen Topclubs wie dem FC Barcelona oder Tottenham Hotspur ein Kandidat gewesen sein. Der Bundestrainer-Posten hatte für Flick aber immer Priorität.

Wichtige Spiele stehen an

Für Flick ist der DFB-Job eine Rückkehr. 2006 machte ihn Löw nach dem "WM-Sommermärchen" und der eigenen Beförderung zum Bundestrainer zu seinem Assistenten. Bereits einmal stand Flick als verantwortlicher Coach bei einem wichtigen Länderspiel an der Seitenlinie. Als Löw im EM-Viertelfinale 2008 von der UEFA gesperrt war, gewann die Nationalmannschaft mit ihm als Aushilfscoach in Basel 3:2 gegen Portugal.

Die ersten Länderspiele als richtiger Chef stehen für Flick nun in der WM-Qualifikation Anfang September gegen Liechtenstein (2.9.), Armenien (5.9.) und Island (8.9.) an. Es folgen in diesem Jahr noch je zwei weitere Pflichtspiele im Oktober und November.

Erst einmal will Meistertrainer Flick seine Bayern-Zeit kurz sacken lassen. Schon bei der EM kommt er dem Team mit vielen vertrauten Bayern-Spielern um Kapitän Manuel Neuer, Joshua Kimmich und DFB-Rückkehrer Thomas Müller aber schon nah. Beim EM-Auftakt gegen Weltmeister Frankreich am 15. Juni will er in München auf der Tribüne sitzen. "Ich freue mich auf dieses Spiel", sagte Flick.

Zeit zum Experimentieren und Einspielen hat Flick nach dem Sommer nicht. In der Gruppe J ist die DFB-Auswahl auf dem Weg nach Katar 2022 nach der peinlichen 1:2-Niederlage gegen Nordmazedonien im März in Duisburg nur Tabellendritter. Lediglich der Gruppensieger qualifiziert sich direkt für das Großereignis am Golf. Der Gruppenzweite muss in zwei schwierige Playoff-Runden.

Flick begleitete Löw als Assistent bis zum WM-Triumph 2014, an dem er als taktischer Ideengeber maßgeblich beteiligt war. Dann stieg er beim DFB zum Sportdirektor auf. 2017 verließ der ehemalige Bayern-Profi überraschend den Verband, um sich eine Auszeit zu nehmen. Ein halbes Jahr später wurde er Geschäftsführer bei der TSG Hoffenheim – das Projekt währte aber nur einige Monate.

Entnervt vom Kompetenzgerangel bei Bayern

Beim FC Bayern stieg Flick 2019 nach längerer Pause als Co-Trainer von Niko Kovač wieder ein und wurde nach dem Aus des Kroaten zunächst Interimschef. Die Führungsspieler um Müller und Kimmich folgten ihm. Flick schrieb eine ungeahnte Erfolgsgeschichte mit sieben Titeln in 18 Monaten – darunter der Champions-League-Triumph 2020 in Lissabon.

Als Löw im Februar seinen Rückzug nach der EM ankündigte, war Flick sofort ein logischer Kandidat für dessen Nachfolge. Offizielle Gespräche durften wegen des bestehenden Bayern-Vertrages bis 2023 nicht geführt werden, doch Flick selbst schaffte Fakten und bat bei den Bayern im April nach dem Königsklassen-Aus bei Paris Saint-Germain und dem folgenden Sieg gegen den VfL Wolfsburg um seine Freigabe.

Er war auch entnervt vom Machtkampf mit Sportvorstand Hasan Salihamidzic. Der FC Bayern gab Flick zum 30. Juni frei – vermutlich wird es im Gegenzug ein Freundschaftsspiel der DFB-Elf gegen den Rekordmeister geben – und löste als seinen Nachfolger Julian Nagelsmann beim Liga-Kontrahenten RB Leipzig aus.

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(rt de/dpa)