Seit über einem Jahr argumentieren Kritiker, dass der von dem Chefvirologen der Berliner Charité Prof. Dr. Christian Drosten mitentwickelte PCR-Test als Diagnostikum ungeeignet sei, um eine akute Infektion mit dem neuartigen Coronavirus überhaupt gemäß dem Infektionsschutzgesetz nachzuweisen.
Im Februar landete die Kontroverse um den PCR-Test u.a. als ein Verfahren am Amtsgericht Heidelberg. Nach ihrer Einreise aus dem Ausland weigerte sich eine nicht namentlich genannte Bürgerin aufgrund besagter Argumentation, am Ende der ihr auferlegten Reisequarantäne einen PCR-Test an sich durchführen zu lassen. Die Folge war ein daraufhin vom Landratsamt Heidelberg verordnetes Bußgeld in Höhe von 153 Euro. In der Begründung heißt es:
"Sie sind am 23.09.2020 aus Belgrad, Serbien in das Bundesgebiet eingereist. Ein ärztliches Zeugnis wurde trotz mehrfacher Aufforderung des Ordnungsamtes St. Leon-Rot bis mindestens am 8.10.2020 nicht vorgelegt. Alle Personen, die aus einem Risikogebiet nach Deutschland einreisen sind verpflichtet, ein ärztliches Zeugnis der zuständigen Behörde vorzulegen."
Damit wollte sich die Frau nicht zufriedengeben und erhielt Unterstützung von der bekannten und nunmehr als "Maßnahmen-Kritikerin" bekannten Fachanwältin für Medizinrecht Beate Bahner. Diese zeigte sich überzeugt:
"Wenn also ein PCR-Test keine Infektion im Sinne des … Infektionsschutzgesetzes (IfSG) nachweisen kann, kann umgekehrt keine Testpflicht zum Nachweis des Fehlens einer Infektion bestehen."
Zur Klärung des Sachverhalts wünschte sich Bahner als Sachverständigen für das Gericht niemand Geringeren als den Virologen Christian Drosten. Der zuständige Richter folgte diesem ihrem Antrag. Seither ließ Drosten allerdings auf eine Antwort warten. Doch nun liegt das Gutachten des Beraters der Regierung in Sachen Corona endlich vor.
Der Nordkurier zitiert aus dem vierseitigen Papier: "Unter ordnungsgemäßer Anwendung und Einhaltung aller fachlichen Vorgaben nach dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft und Technik kommt ein positiver, entsprechend entwickelter PCR-Test auf ein bestimmtes Virus (etwa SARS-CoV2) bei der Anwendung am Menschen dann vor, wenn Genmaterial des betreffenden Virus (etwa von SARS-CoV2) vorliegt. Eine nachweisbare Menge von Genmaterial des Virus (etwa von SARS-CoV2) liegt ausschließlich nach Eindringen des Virus in Körperzellen mit Virusvermehrung vor."
Im Gutachten heißt es demzufolge weiter:
"Insofern lässt sich im Falle von SARS-CoV2 klar bestätigen, dass ein ordnungsgemäß durchgeführter PCR-Test die Aufnahme des Krankheitserregers und seine nachfolgende Entwicklung oder Vermehrung im menschlichen Organismus nachweist."
Für die Rechtsanwältin ist die grundlegende Kritik am PCR-Test damit jedoch keineswegs ausgeräumt und die Begründung für die Verhängung des Bußgeldes damit noch immer unzureichend. Daher legte Bahner nach und reichte weitere Fragen an Drosten "mit der Bitte um ein Ergänzungsgutachten" ein. Laut Nordkurier heißt es in der Begründung ihres neuerlichen Ersuchens u.a.:
"Der Sachverständige legt in seinem Gutachten auf Seite 3 dar, dass der Nachweis von Virus-Genabschnitten in der PCR eine Mindestmenge von Virusmaterial auf der Schleimhaut voraussetzt, die (unter natürlichen Umständen) nur im Rahmen einer 'vorangegangenen' Infektion mit aktiver Vermehrung des Virus auftritt."
Der PCR-Test sei "ein nobelpreisgekröntes Diagnostikinstrument, welches kleinste DNA- und RNA-Schnipsel detektiert – und zwar noch Jahre und Jahrzehnte später. Hierauf kommt es in der Coronakrise nicht an."
Denn ob "jemand vor 6 Monaten oder vor 6 Jahren mit Corona oder einem Grippevirus infiziert war", sei zur Klärung des Sachverhalts nicht ausschlaggebend.
"Es kommt einzig und allein darauf an, ob die getestete Person akut infiziert ist. Die 'Aktualität' und 'Akutheit' schreibt §7 IfSG auch ausdrücklich vor. [...]"
Der sogenannte PCR-Test gilt auch der Bundesregierung als "Gold-Standard" unter den Corona-Nachweisverfahren. So heißt es bei Infektionsschutz.de zu diesem Testverfahren:
"Der PCR-Test (auch Labortest genannt) ist der Goldstandard unter den Corona-Tests. Mittels PCR-Test kann in einer Probe aus den Schleimhäuten der Atemwege zuverlässig nachgewiesen werden, ob Erreger vorhanden sind."
Für den selbsternannten Anti-Fake-News-Blog Volksverpetzer liegt die Sache anders. So habe sich die Anwältin Bahner und die ganze Szene der "Querdenker:innen" mit der Forderung nach dem Drosten-Gutachten ein "gigantisches Eigentor" geschossen. Begründet wird diese Einordnung dann folgendermaßen:
"In seiner Antwort sagt Dr. Drosten klipp und klar: Ein positives Ergebnis bei einem technisch richtig konzipierten und angewendeten PCR-Test ist nur dann möglich, wenn das Erbgut oder zumindest der nachzuweisende Abschnitt aus dem Erbgut des Virus in der getesteten Probe vorliegt."
Bahner gilt den selbsternannten Volksverpetzern als "bekanntere Figur der Pandemie-Leugner:innen-Szene". Zudem meint man dort berichten zu müssen, dass die Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht besonders "viel Aufmerksamkeit" erhalten hatte, "als sie für einige Zeit zwangsweise in die Psychiatrie eingeliefert wurde".
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