Nach monatelangen strikten Corona-Beschränkungen leitet Bayern ab dem kommenden Montag, dem 10. Mai, Lockerungen ein. In Landkreisen und kreisfreien Städten mit einer stabilen Sieben-Tage-Inzidenz unter 100 dürfen die Außengastronomie – mit einer Sperrfrist von 22 Uhr –, Theater, Konzert- und Opernhäuser sowie Kinos öffnen. Das entschied die Regierung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) laut dpa am Dienstag. Das Gesundheitsministerium muss aber formal noch zustimmen. Die geltenden Hygienekonzepte, Masken- und Testpflichten sollen in Kraft bleiben. Details werden von den zuständigen Ministerien erarbeitet.
Außerdem soll zu Beginn der Pfingstferien am 21. Mai in Regionen mit niedrigen Corona-Zahlen auch Tourismus wieder erlaubt sein. Unterhalb einer Inzidenz von 100 sollen Hotels, Ferienwohnungen und Campingplätze wieder öffnen dürfen. Ministerpräsident Söder sagte zu den Lockerungen zu Pfingsten, Bayern sei nicht nur Tourismusland. Es sei auch psychologisch wichtig, eine Perspektive zu haben. Daher wolle man prüfen, "Ferien in Bayern zu ermöglichen". Söder verwies zudem auf Österreich, wo bereits zum 19. Mai hin die Auflagen für den Tourismus gelockert werden.
Die Hoffnungen auf eine Öffnung von Fitnessstudios und Schwimmbädern dämpfte der CSU-Vorsitzende nach Angaben des Nachrichtenportals Nordbayern aber. Diese bleiben weiterhin geschlossen. Da gäbe es "keine Bewegung", äußerte Söder. Außerdem seien Joggen und Work-out nach wie vor draußen möglich.
Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) lobte die nun geplanten Lockerungen als einen "Strategiewechsel" der CSU. Die Freien Wähler, die kleineren Koalitionspartner in Bayern, haben schon länger entsprechende Lockerungsschritte gefordert. Die von Söder umrissenen Öffnungen seien ein "Schritt in die richtige Richtung". Aiwanger betonte:
"Sich mit Freunden zum Kaffee oder zur Brotzeit zu treffen, das ist wichtig, das ist die Seele Bayerns. Das müssen wir jetzt zulassen und das werden wir jetzt zulassen."
Mehr Freiheiten für Geimpfte
Bereits ab Donnerstag werden in Bayern vollständig gegen Corona geimpfte Menschen mit negativ Getesteten gleichgestellt und ihnen somit weitere Lockerungen zuerkannt. Unter anderem sollen Menschen mit vollständiger Corona-Impfung von Testpflichten und von den nächtlichen Ausgangsbeschränkungen befreit werden. Bei der Zahl der maximal erlaubten Kontakte werden vollständig Geimpfte nicht mitgezählt.
Die Staatsregierung habe sich entschieden, die Regelung schon an diesem Donnerstag und damit zwei Tage vor dem Bund in Kraft zu setzen, sagte Söder. Man wolle ein Signal setzen, dass Impfen wichtig ist. Söder betonte:
"Wir sind der festen Überzeugung, dass bei einem solchen Fortschritt der Grundrechtsschutz, die Freiheit des Einzelnen überwiegt."
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek begrüßte die umfassenden Lockerungen für Geimpfte und Genesene. Der CSU-Politiker stellte drei Fälle vor, in denen diese Lockerungen gelten sollen:
"Ich bin froh über die Beschlüsse von heute zur Gleichstellung von Geimpften und Genesenen. Doppelt geimpft und 15 Tage danach oder genesen innerhalb von sechs Monaten oder genesen, sechs Monate und eine Zusatzimpfung – das ist der Dreiklang, in dem gleichgestellt wird."
Söder: "Dritte Welle" noch nicht gebrochen
Bayerns Ministerpräsident Söder rief trotz der anstehenden Lockerungen weiter zu höchster Vorsicht auf. Die dritte Corona-Welle sei noch nicht gebrochen und nicht "unter Kontrolle". Dennoch argumentiert Söder:
"Die dritte Welle strukturiert sich jetzt positiver als vor drei Wochen. Es gibt Anlass zu vorsichtigem Optimismus, aber keinesfalls zu Übermut."
An den weiterführenden Schulen in Bayern bleibt es daher bis zu den Pfingstferien beim bisherigen strikteren Grenzwert für Distanzunterricht. Grundschulen dürfen ab nächsten Montag bis zu einer Sieben-Tage-Inzidenz von 165 Wechselunterricht in allen Klassen anbieten. An weiterführenden Schulen bleibt es dagegen zunächst beim bisherigen Grenzwert von 100. Erst nach den Pfingstferien – ab dem 7. Juni – soll auch dort der Grenzwert 165 gelten, wie in der Bundes-Notbremse vorgesehen. Ausnahmen gelten weiterhin etwa für Abschlussklassen und Viertklässler, die auch bei höheren Zahlen Wechselunterricht haben.
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(rt/dpa)