In der Region Kaiserslautern leben derzeit rund 50.000 US-Soldaten und deren Familien auf dem US-Militärflugplatz Ramstein, im US-Hospital Landstuhl und in weiteren Einrichtungen der US-Army. Die sogenannte "Kaiserslautern Military Community" ist damit die größte US-amerikanische Gemeinde außerhalb der USA. Doch in den Einwohnerstatistiken der betroffenen deutschen Kommunen tauchen die US-Amerikaner nicht auf.
Das heißt, die 50.000 US-Amerikaner, die in der Region Kaiserslautern leben, werden statistisch nicht als Einwohner erfasst. Wenn aber ein US-Amerikaner aus dem Raum Kaiserslautern positiv getestet wird, dann fließt dieser direkt in den vom Robert Koch-Institut (RKI) berechneten Inzidenzwert.
Seit dem vergangenen Wochenende gilt die sogenannte "Bundes-Notbremse" – und dieser liegen ausschließlich die Inzidenzzahlen des RKI zugrunde. Das hat etwa für die Einwohner des Kreises Kaiserslautern direkte Folgen, wie der SWR berichtet:
"Wie groß die Diskrepanz sein kann, zeigt ein Blick auf die Zahlen des Landesuntersuchungsamtes vom Dienstag. Berechnet man die amerikanischen Einwohner mit ein, liegt der Inzidenzwert im Kreis Kaiserslautern bei 97,6. Rechnet man sie raus, wie es das RKI tut, liegt er bei 114,2."
Ab Inzidenzwert 100 tritt die sogenannte "Notbremse" mit Ausgangsbeschränkungen und weiteren Einschnitten in Grundrechte in Kraft.
Der Streit um die Berechnung der Inzidenzzahlen im Kreis Kaiserslautern geht auch vor das Bundesverfassungsgericht. Fünf Einwohner haben Beschwerde beim obersten deutschen Verfassungsgericht eingelegt. Bei den Beschwerdeführern handelt es sich um den Bürgermeister der Verbandsgemeinde Ramstein-Miesenbach, Ralf Hechler (CDU) sowie zwei Einzelhändler, einen Gastronomen und einen Hotelier. Sie wollen, dass das Bundesverfassungsgericht die Bundesregierung auffordert, dass künftig auch die Zahl der in der Region lebenden US-Amerikaner in die Berechnung der Inzidenzzahl einfließt.
Eine ähnliche Problematik ergibt sich bei Asylbewerbern. Positiv getestete Asylbewerber fließen in die RKI-Statistik mit ein, aber die Asylbegehrenden werden ebenso wie die US-Soldaten statistisch nicht als Einwohner gezählt und erhöhen daher automatisch den Inzidenzwert. Die kreisfreie Stadt Speyer in der Metropolregion Rhein-Neckar fordert angesichts dieser Verzerrungen eine Sonderregelung für die Berechnung des Inzidenzwertes.
RT-Redakteur Florian Warweg wollte auf der Bundespressekonferenz vor diesem Hintergrund wissen, ob die Bundesregierung sich dieser Problematik bewusst ist und was sie plant, um diese signifikanten statistischen Verzerrungen aufzulösen.
Frage Warweg:
In der Region Kaiserslautern leben rund 50.000 US-Soldaten mit ihren Familien. Diese zählen statistisch gesehen nicht als Einwohner, allerdings fließen sie bei Positivtestung in den Inzidenzwert des RKI ein. Das hat nach der Notbremse dazu geführt, dass zum Beispiel diese Woche der Inzidenzwert mit Einberechnung der US-Amerikaner bei der Einwohnerzahl unter 100 gewesen wäre, ohne die Einberechnung, also wie es das RKI macht, aber über 100 liegt mit den entsprechenden Konsequenzen für die dortige Bevölkerung. Da würde mich interessieren: Ist der Bundesregierung diese Problematik bei der Verzerrung der Inzidenzwerte bewusst, und was plant sie, um dieses Problem aufzulösen?
Gesundheitsministerium:
Aktuell kann ich Ihnen dazu nichts sagen. Ich kann aber gerne schauen, ob wir dazu etwas nachreichen können.
Regierungssprecher Seibert:
Menschen, die in einer Region leben, sind Menschen unabhängig davon, ob sie, weil sie Angehörige einer fremden Armee sind, statistisch so oder so behandelt werden. Wenn bei ihnen Infektionsfälle auftauchen, dann ist es doch nur richtig, diese Infektionsfälle auch in das Gesamtbild, in die Gesamtbetrachtung hineinzunehmen, oder?
Zusatzfrage Warweg:
Ja, aber das Problem ist ja umgekehrt: Bei den Inzidenzen werden diese 50.000 Menschen aufgenommen, aber bei der Einwohnerzahl in einer Großregion mit 300.000 Einwohnern werden sie nicht mit einberechnet. Sehen Sie die Verzerrung? Die Positivtestungen kommen bei den Inzidenzen rein, die 50.000 Menschen kommen aber raus.
SEIBERT:
Das scheint mir ein sehr spezielles Problem zu sein, aber da werden wir sicherlich eine Antwort nachreichen können.
Zusatzfrage Warweg:
Meine zweite Frage war: Das ist ja vermutlich nicht die einzige Problematik, bei der es zu dieser Verzerrung kommt; zum Beispiel gibt es in Speyer ein ähnliches Problem. Ist das Prozedere bei Asylsuchenden und Asylbewerbenden ähnlich? Die werden ja auch nicht statistisch als Einwohner gezählt, aber die Positivtestungen gehen in den RKI-Wert mit ein. Kann das Gesundheitsministerium das so bestätigen?
Gesundheitsministerium:
Wie gesagt, ich kann Ihnen dazu aktuell nichts sagen. Ich mache mich gerne schlau und schaue, ob wir dazu etwas nachliefern können.
Mehr zum Thema - "Grob fahrlässig": Vom RKI prognostizierte Schreckens-Inzidenz ist ausgeblieben