Was vom Wirecard-U-Ausschuss übrig blieb: Der Streit eines Zeugen mit RTL

Nach mehr als 300 Stunden Untersuchungsausschuss sieht das Ergebnis mager aus: Mögliche Hauptverantwortliche wie Wirtschaftsminister Peter Altmaier oder Finanzminister Olaf Scholz blieben unberührt. Der Kronzeuge der Staatsanwalt im Wirecard-Skandal liefert sich indes einen Rechtsstreit mit RTL.

Es begann als das schärfste Schwert der Demokratie, als Untersuchungsausschuss im Deutschen Bundestag vor einem halben Jahr. 44 Sitzungen, rund 80 Zeugen und mehr als 3000 Stunden Verhöre später scheint das Ergebnis eher ernüchternd. Immerhin ging es um den größten Finanzskandal der bundesrepublikanischen Geschichte seit 1945 mit einem Schaden von 20 Milliarden Euro und verschwundenen 1,9 Milliarden, einem Geschäftsführer auf der Flucht und einem Ex-Chef in U-Haft.

Die Untersuchung des Skandals um den börsennotierten Zahlungsdienstleister hat keine persönliche Verantwortung zutage gefördert: auch nicht von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die vom Ex-Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) privat bei einem Kaffeetermin gebeten wurde, für Wirecard bei Chinas Premierminister Li Keqiang und Staatspräsident Xi Jinping im September 2019 die Werbetrommel zu rühren.

Was Gutenberg nach Spiegel-Informationen rund 760.000 Euro Vermittlungshonorar eingebracht haben soll. Merkel sagte:

"Es gab damals allen Berichten zum Trotz keinen Anlass, von schwerwiegenden Unregelmäßigkeiten bei Wirecard auszugehen." 

Auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), Kanzlerkandidat und Dienstherr der BaFin, fühlte sich lediglich in der Lage, eine "gegenüber Kriminellen zu schlecht ausgestattete Behörde" zu attestieren, deren Chef er auswechselte.  

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) überließ es dem Chef seiner Wirtschaftsprüferaufsicht APAS, Ralf Bose, zurückzutreten. Bose hatte selbst mit Papieren des Zahlungsdienstleisters auf dem Höhepunkt der Prüfung im Frühjahr 2020 gezockt. Nur der CSU-Abgeordnete Hans Michelbach entschuldigte sich öffentlich für zu Guttenbergs Agieren.

Indes liefert sich Oliver B., Kronzeuge der Staatsanwaltschaft im Wirecard-Skandal, einen Rechtsstreit mit RTL. Nachdem das Oberlandesgericht am vergangenen Donnerstag die Free-TV-Premiere auf RTL des Dokudramas "Der große Fake – Die Wirecard Story" stoppen wollte (Az.: 18 W 638/21) und der Sender den Film trotzdem ausstrahlte, könnte er jetzt mehrere Tausend Euro Entschädigung beim Sender einklagen. Immerhin hätte die Ausstrahlung nie stattfinden dürfen.

Kurz vor Sendebeginn kam die einstweilige Verfügung, in der RTL unter Androhung eines Ordnungsgeldes oder ersatzweise Ordnungshaft für die Geschäftsführung verboten wurde, über den Kronzeugen im Zusammenhang mit den strafrechtlichen Vorwürfen gegen seine Person identifizierend zu berichten. 

Im Film werde der Verdacht geäußert, dass der namentlich genannte Kronzeuge als "Wirecard-Statthalter in Dubai" eine maßgebliche Rolle bei der Förderung von Kinderpornografie und der Terrorfinanzierung gespielt habe, befanden die Richter.

So kommt der Kronzeuge B. nicht nur straffrei für seine mutmaßlich nicht unbezahlte Tätigkeit bei Wirecard davon. Er kann sich zusätzlich auf dem Zivilrechtsweg auch noch etwas Geld beim Fernsehsender erstreiten. Den RTL-Verantwortlichen wurde in der Verfügung bis zu 250 000 Euro Ordnungsgeld angedroht. 

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