Bundesgesundheitsminister Jens Spahn plant, vollständig geimpften Personen ihre Freiheiten zurückzugeben. Die geht aus einem Schreiben des Ministers an die Bundesländer hervor, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtet.
Geimpfte Menschen können "grundsätzlich in Bezug auf individuelle Schutzmaßnahmen wie Quarantänemaßnahmen ausgenommen werden, solange sie keine Symptomatik aufweisen", schreibt Spahn.
Sein Vorschlag stützt sich auf ein Papier des Robert Koch-Instituts an das Gesundheitsministerium. Darin heißt es: "Nach gegenwärtigem Kenntnisstand ist das Risiko einer Virusübertragung durch Personen, die vollständig geimpft wurden, spätestens zum Zeitpunkt ab dem 15. Tag nach Gabe der zweiten Impfdosis geringer als bei Vorliegen eines negativen Antigen-Schnelltests bei symptomlosen infizierten Personen."
Das Risiko einer Übertragung erscheine "nach gegenwärtigem Kenntnisstand in dem Maß reduziert, dass Geimpfte bei der Epidemiologie der Erkrankung wahrscheinlich keine wesentliche Rolle mehr spielen".
Trotzdem werde die Maskenpflicht aufrechterhalten werden. Spahn betonte, auch für vollständig Geimpfte gälten in der aktuellen Pandemiephase weiterhin Corona-Regeln wie Abstand, Hygiene und Schutzmasken. "Denn sowohl der tagesaktuelle Test als auch die vollständige Impfung reduzieren das Infektionsrisiko zwar deutlich, aber sie geben keine hundertprozentige Sicherheit davor, andere zu infizieren", sagte er am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur.
Bund und Länder sollen Änderungen umsetzen
Geimpfte Reiserückkehrer müssen sich keinen Tests mehr unterziehen und auch nicht mehr in Quarantäne. Dies gilt nicht für Einreisen aus Virusvariantengebieten. Bestimmte Virusmutationen könnten zu einer geringeren Wirkung des Impfschutzes führen. Diese Änderungen wird der Bund beschließen.
Geimpfte Menschen, die Kontakt mit einer infizierten Person haben, müssen nicht mehr in Quarantäne. Auch die Testpflichten für bestimmte Berufsgruppen oder für Tätigkeiten im öffentlichen Raum wie Einkaufen oder Theaterbesuche werden für Geimpfte abgeschafft. Die entsprechenden Regelungen müssen von den Ländern geändert werden.
Bis zur Einführung des von der EU als "green certificate" geplanten digitalen Impfpasses erfolgt der Nachweis des vollständigen Impfschutzes durch schriftliche Impfdokumentation – durch den Eintrag im Impfausweis oder als gesondertes Dokument.
Druck kommt auch aus dem Bundestag. Rechtsexperten von Union und SPD fordern, das Thema Lockerungen für Corona-Geimpfte im Bundestag zu behandeln. Der Rechtsexperte der Unionsfraktion Jan-Marco Luczak (CDU) sagte der Welt am Sonntag:
"Wenn Studien bestätigen, dass Menschen nach einer Impfung nicht mehr infektiös sind, dann müssen die Beschränkungen zurückgenommen werden."
Das sei aus seiner Sicht verfassungsrechtlich zwingend. Ob Beschränkungen unter bestimmten Bedingungen zurückgenommen werden sollten, müsse der Bundestag regeln. Der Rechtsexperte der SPD-Fraktion Johannes Fechner forderte, die ohnehin geplante Reform des Infektionsschutzgesetzes zu nutzen, um "klarstellend zu regeln, dass sich Schutzmaßnahmen entsprechend der neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse immer nur an nicht geimpfte Personen richten können".
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