Die Frage der Unions-Kanzlerkandidatur geht einem Finale entgegen, nachdem gestern Abend am Rande einer Klausurtagung der Spitze der CDU/CSU-Bundestagsfraktion beide Kandidaten – der CDU-Vorsitzende Armin Laschet und der CSU-Vorsitzender Markus Söder – ihre Bereitschaft deutlich formuliert haben. Noch ist keine Entscheidung gefallen. Heute wollen sich aber erneut Spitzengremien von CDU und CSU treffen, um über die Kanzlerkandidatur zu beraten.
Der bayerische Ministerpräsident Söder sagte am Sonntagabend dem ZDF, dass "spätestens" in zehn Tagen die Union sich entschieden haben werde – vielleicht geht es aber auch schneller:
"Ich denke, es ist in dieser Woche sogar möglich, eine Entscheidung gemeinschaftlich zu treffen."
Söder betont, dass Laschet und er, "auch nach dieser persönlichen Entscheidung am Ende gemeinschaftlich eng zusammenarbeiten" müssten. Zuvor hatte Söder im Bericht aus Berlin davon gesprochen, dass die Kanzlerkandidatur nicht sein "Lebensplan" gewesen sei, aber "die Rückmeldungen und die Erwartungen vieler Menschen in Deutschland" spielten für ihn "eine wichtige Rolle".
Aktuelle Umfrage sehen Söder deutlich vor Laschet in der Zustimmung der Bevölkerung: Laut NRW-Trend des Meinungsforschungsinstituts infratest dimap befürworten nur 24 Prozent der Befragten in NRW einen Kanzlerkandidaten Laschet, 49 Prozent favorisieren Söder.
Der NRW-Ministerpräsident Laschet gibt sich dennoch selbstbewusst. Von der Bild-Zeitung gefragt, ob er eine Mehrheit für seine Kandidatur im CDU-Präsidium habe, antwortete er am Sonntagabend: "Da gehe ich mal von aus, aber wir werden das morgen sehen. Ich will dem nicht vorgreifen." Er kenne niemanden, der ihn als Kandidaten ablehnen würde.
Ein Votum des CDU-Präsidiums allein ist aber nicht ausreichend. Laschet betonte, dass die Entscheidung von den Präsidien von CDU und CSU gemeinsam getroffen würde:
"Traditionell gibt es immer am Ende einen gemeinsamen Beschluss der Präsidien. Das war bei jeder Bundestagswahl seit 1949 so, und das würde ich mir auch dieses Mal wünschen."
Führende Unionspolitiker drängen darauf, dass die Entscheidung zeitnah getroffen wird. Der Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Ralph Brinkhaus (CDU) betonte am Sonntag, es bestehe "ein großes Interesse", "dass die ganze Sache zügig jetzt vonstatten geht". Die Zeit sei "reif", um "in den nächsten zwei Wochen die Entscheidungen treffen". Gegen die SPD und ihren Kanzlerkandidaten Olaf Scholz stichelte Brinkhaus:
"Lieber zwei herausragende Optionen als einen Olaf."
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