Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) plädiert in der Corona-Krise immer wieder für harte staatliche Einschränkungen und spricht sich regelmäßig gegen Lockerungen aus. Nun bekommt Söder von der Justiz aber ebensolche Lockerungen auferlegt: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat entschieden, dass Schuhläden in Bayern ab sofort wieder öffnen dürfen. Im Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes heißt es:
"Schuhgeschäfte gehören zu den für die tägliche Versorgung unverzichtbaren Ladengeschäften."
Damit werden die Schuhhändler nun gleichgestellt mit Buchläden, Bau- und Gartenmärkten, Geschäften für Babybedarf und Versicherungen, die in Bayern laut Infektionsschutzverordnung geöffnet haben dürfen. Nach Ansicht des zuständigen 20. Senats haben Schuhgeschäfte eine "vergleichbar gewichtige Bedeutung". Als Begründung führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof an:
"Die Versorgung mit Schuhen ist nicht nur Voraussetzung für die Ausübung zahlreicher beruflicher Tätigkeiten, sondern im Regelfall auch für die der Gesunderhaltung dienenden Bewegung und Sportausübung im Freien sowie – insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, deren Wachstum noch nicht abgeschlossen ist und bei denen sich demzufolge ein entsprechender Bedarf sehr kurzfristig und dringend einstellen kann – für eine gesunde Entwicklung und Erhaltung des Bewegungsapparats."
Geklagt hatte der zur ANWR-Group gehörende Händler Schuh Mücke aus Schweinfurt, der im Februar per Normenkontrollklage beantragt hatte, die Lockdown-Einschränkungen des Landes für die Schuhbranche außer Vollzug zu setzen. Die Richter haben durch ihr Urteil nun zumindest die Öffnung durch die Gleichstellung mit anderen Handelsformaten ermöglicht.
Der Handelsverband Bayerns begrüßte das Urteil, da "der Handel nachgewiesenermaßen kein Infektionstreiber" sei, wie Hauptgeschäftsführer Wolfgang Puff der Welt erklärte. Man schließe jedoch nicht aus, dass die Landesregierung die Infektionsschutzmaßnahmenverordnung noch einmal ändern werde. Puff verwies in diesem Zusammenhang auf ein Urteil in Nordrhein-Westfalen: Dort hatte das Oberverwaltungsgericht Münster Teile der Coronaschutzverordnung für den Einzelhandel außer Kraft gesetzt. Nur wenige Stunden später veröffentliche die Landesregierung in Düsseldorf jedoch eine überarbeitete Verordnung, die die Beschränkungen wieder in Kraft setzte und schärfere Auflagen für die bis dahin von weniger Einschränkungen betroffenen Handelsformate mit sich brachte.
Derzeit ist noch offen, wie die bayrische Landesregierung auf das Urteil reagiert. Ein Sprecher des Bayerischen Ministeriums für Gesundheit und Pflege erklärte lediglich:
"Die Staatsregierung hat die Entscheidung zur Kenntnis genommen und prüft den weiteren Handlungsbedarf."
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