Maskenaffären, Impfstoffmangel und das Test-Chaos führen bei der Union zu historisch schlechten Landtagswahlergebnissen. Die wachsende Unzufriedenheit über die oft widersprüchlichen Pandemie-Strategien führen die Union in drei Umfragen unter die 30 Prozent-Grenze. Sechs Monate vor der Bundestagswahl gerät vor allem Armin Laschet in einen Abwärtsstrudel.
In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur wünschten sich 41 Prozent, dass der bayerische Ministerpräsident Markus Söder die Union in den Bundestagswahlkampf führt. 14 Prozent sprachen sich für Laschet aus. Unter den Unions-Wählern liegt Söder mit 63 zu zwölf Prozent deutlich vorne.
In einer digitalen Vorstandssitzung am Montag sollen Söder und Laschet hart aneinandergeraten sein, als Laschet dem CSU-Chef bei einer dramatischen Analyse der Landtagswahlergebnisse das Wort abgeschnitten habe. In der Union gärt der Unmut darüber, dass die Schwesterparteien dem Abwärtstrend bislang wenig entgegensetzen können. Friedrich Merz kritisierte in einer Videokonferenz der Mittelstandsunion:
"Sechs Monate vor der Bundestagswahl ist die CDU nicht ansatzweise vorbereitet und weder inhaltlich noch personell klar aufgestellt. Wie soll das gehen? Wie soll das funktionieren?"
Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt warnt vor einem öffentlichen Streit. Dobrindt versucht ebenfalls, sich gegen den Abwärtstrend zu stemmen. In der Augsburger Allgemeinen sagte er:
"Wir spüren, dass in der Bevölkerung eine Müdigkeit gegenüber der Pandemie-Situation eingetreten ist. Zusätzlich sehen wir, wie sehr durch das massive Fehlverhalten von Einzelnen das Ansehen der Politik insgesamt beschädigt wird."
Gemeint waren die Skandale, die mit den Ermittlungen gegen seinen ehemaligen CSU-Fraktionskollegen Georg Nüßlein und Alfred Sauter begonnen hatten.
Zu langsam beim Impfen, zu wenige Tests, zu späte Wirtschaftshilfen – auch CSU-Chef Söder kritisiert in der Schwesterpartei die CDU-Minister Spahn und Altmaier. Auch Laschet kommt in einem Interview in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung nicht ungeschoren davon. Ein "Weiter so" reiche nicht, um den Anspruch der Union aufs Kanzleramt zu begründen. Söder meint:
"Es ist falsch, mitten in der Pandemie den Wahlkampf zu beginnen. Es ist unverantwortlich von der SPD, bei wieder stark steigenden Corona-Zahlen den Grundkonsens einer Regierung aufzukündigen und ein parteipolitisches Süppchen zu kochen. Die Union darf sich darauf nicht einlassen. Wir müssen uns mit voller Kraft im Interesse der Menschen um Corona kümmern."
Dobrindt sagte, dass es nicht verwundere, wenn sich die Umfragen für die Union aktuell nach unten entwickeln. Deswegen bestehe die Aufgabe darin, notwendige Rezepte für die Trendumkehr zu entwickeln.
Bei den Christdemokraten wächst der Druck auf die Parteispitze. "Das Corona-Management muss besser werden", sagt der CDU-Finanzexperte und stellvertretende Unionsfraktionschef Andreas Jung. Zwar säßen Union und SPD, Bund und Länder in der Pandemie-Krise gemeinsam am Tisch. Der baden-württembergische CDU-Politiker Jung sagt:
"Wir müssen unabhängig von der Personenfrage schon jetzt an die Inhalte: Wegen Corona wurde das neue Grundsatzprogramm verschoben. Jetzt muss die inhaltliche Profilierung im Zeitraffer kommen. Es muss dabei vor der Wahl sehr klar werden, wofür wir stehen."
Das gelte vor allem mit Blick auf die grüne Konkurrenz. Jung unterstreicht:
"Wir müssen überzeugende Antworten auf die Zukunftsfragen haben, Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt stellen und ausbuchstabieren, was das in allen Feldern konkret bedeutet."
So müsse die Union etwa glaubwürdig mit überzeugenden Konzepten darlegen, wie sie Klimaneutralität und nachhaltiges Wachstum zusammenbringe.
Im "Deutschlandtrend" des ARD-Morgenmagazins wurden starke Werte für Söder als Kanzlerkandidat der Union veröffentlicht. 51 Prozent der Bundesbürger (-4 im Vergleich zu Anfang Januar) und 78 Prozent der Unionsanhänger sprachen sich für den bayerischen Ministerpräsidenten aus. Den CDU-Vorsitzenden Laschet hielten nur 22 Prozent (-5) der Wahlberechtigten und 30 Prozent der Unionsanhänger für einen geeigneten Kandidaten. Der CDU-Vorsitzende will bis Monatsende intensive Gespräche in der Partei führen, vor allem mit den Kreisverbänden und den ostdeutschen Landesverbänden. Darin will er sich des Rückhalts in der CDU für seine Kandidatur versichern. Immerhin deutet sich eine Klärung der Kanzlerkandidatenfrage im April an: "Es kann auch sehr schnell nach Ostern sein", kündigte Laschet diese Woche im ZDF an.
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