Soll es weiterhin Präsenzunterricht geben oder sollen die Schüler doch wieder zum sogenannten "angeleiteten Lernen von Zuhause" zurückkehren? Die Debatte über Schulöffnungen ist in Nordrhein-Westfalen (NRW) erneut entbrannt. Vor allem zwei Städte liegen im Clinch mit der Landesregierung.
Die SPD-geführten Ruhrgebietsstädte Duisburg und Dortmund wollen wegen der steigenden Anzahl an positiven Corona-Befunden die Schulen wieder schließen. Doch die CDU-geführte Landesregierung des bevölkerungsreichsten Bundeslandes (rund 18 Millionen Einwohner) lehnte dies ab.
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann sagte dazu am Mittwoch in der WDR-Sendung Morgenecho, viele Kinder und Jugendliche seien seit Dezember nicht mehr in den Schulen gewesen. Der CDU-Politiker betonte, dass die zumindest tageweise Rückkehr in den Präsenzunterricht für alle Jahrgänge seit diesem Montag im Wechselmodus richtig bleibe. Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD) kritisierte jedoch das Festhalten an der Schulrückkehr als "zu riskant".
In Duisburg wollten zudem auch die Kitas wieder in die Notbetreuung gehen, doch da setzten sich auch die Landesregierungen durch. Bereits am Mittwoch sagte der für Kitas zuständige NRW-Familienminister Joachim Stamp, dass er dies nicht zulassen werde. Der FDP-Politiker betonte gegenüber der Nachrichtenagentur dpa, dass das nicht "mit dem Land abgestimmt" sei. Der stellvertretende Ministerpräsident fügte hinzu:
"Es kann jetzt nicht jeder Oberbürgermeister nach Gutdünken Maßnahmen verkünden."
Stamp sagte, die Kitas hätten angesichts der steigenden Zahl an Corona-Fällen andere Möglichkeiten zu reagieren. So könnten sie wieder in den eingeschränkten Pandemiebetrieb zurückgehen. Das würde bedeuten, dass die Kitas zwar grundsätzlich geöffnet bleiben, aber an die Eltern appelliert wird, ihre Kinder möglichst zu Hause zu betreuen. Diese Regel galt in NRW bis Ende Februar. Derzeit sind die Einrichtungen in einem eingeschränkten Regelbetrieb mit einer Corona-bedingten Kürzung der Betreuungszeit um zehn Stunden pro Woche, außerdem gibt es nur noch feste Gruppen. Dabei bleibe es vorerst auch, betonte Stamp.
Wie dann am Donnerstagmorgen seitens der Stadt Duisburg mitgeteilt wurde, bleiben die Kindertagesstätten – anders als geplant – nun doch geöffnet. Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link habe einem Bericht der Rheinischen Post zufolge seinen Unmut darüber geäußert. So soll der SPD-Politiker laut Bericht mitgeteilt haben:
"Nachdem bereits für die Schulen der Wechsel in den Distanzunterricht alternativlos abgelehnt wurde, lässt uns die Landesregierung mit dieser Entscheidung ein weiteres Mal im Regen stehen. Für mich ist dies nicht nachvollziehbar."
In Duisburg lag die Sieben-Tage-Inzidenz demnach seit mehreren Tagen über der als kritisch angesetzten Marke von 100. Laut dem Beschluss von Bund und Ländern müsste nun die sogenannte "Corona-Notbremse" zum Einsatz kommen. Dann müssten jene Beschränkungen wieder eingeführt werden, die noch vor dem ersten März gegolten hatten.
Die NRW-Landesregierung teilte am Mittwochabend mit: "Die Schulschließungen können eingebettet in ein Gesamtkonzept einen Beitrag zum Infektionsschutz vor Ort darstellen, dürfen aber nur das letzte und nicht das erste und alleinige Mittel der Wahl sein." Demnach müssten zuvor alle sonstigen Maßnahmen auch in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens geprüft worden sein.
Doch die Bildungsgewerkschaft VBE (Verband für Bildung und Erziehung) warnte davor, dass die Schutzmaßnahmen an den Schulen nicht ausreichend seien. Das Personal müsse schnellstmöglich Impfangebote bekommen und es brauche mindestens zweimal wöchentlich Schnelltests. Der VBE-Vorsitzende Udo Beckmann sagte gegenüber der dpa: "Es liegt in der Verantwortung der Politik, alles zu tun, was notwendig ist, um einen Schulbetrieb zu gewährleisten, der nicht zum Roulettespiel wird."
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