Am Freitag meldete der Schwarzwälder Bote "gute Nachrichten" aus der Helios-Klinik im baden-württembergischen Rottweil: Wie die Klinik mitteilte, seien alle Mitarbeiter nun negativ auf das Coronavirus getestet worden. Das Landesgesundheitsamt habe die rund 400 Proben der letzten Abstrich-Aktion im landeseigenen Labor in Stuttgart ausgewertet.
Dies ist tatsächlich ein Grund zur Freude: Noch einen Monat zuvor, am 12. Februar, teilte die Klinik mit, dass wegen insgesamt 55 positiv getesteter Beschäftigter sich alle Mitarbeiter der Klinik in die sogenannte "Pendlerquarantäne" begeben müssten – wie sich später herausstellte für mindestens drei Wochen. Der Klinik-Betrieb musste in dieser Zeit bis auf Notfälle wie etwa Hebammendienste heruntergefahren werden.
Was war geschehen? Nach einem Ausbruch auf der Intensivstation, ausgelöst durch einen unerkannt mit SARS-CoV-2 infizierten Patienten, war das gesamte Personal getestet worden – zunächst auf Veranlassung der Klinik selbst, dann auf Veranlassung des Gesundheitsamtes. Zur Auswertung wurden die Abstriche an ein spezialisiertes externes Labor geschickt. Dabei ergaben sich einige klar positive Befunde, die betreffenden Personen wurden sofort in Quarantäne geschickt.
Laut der Ärztlichen Direktorin der Helios-Klinik, Miriam Stengel, waren die Testergebnisse "auffällig". Von den vielen positiven Befunden hätte die große Mehrzahl sehr hohe Ct-Werte aufgewiesen. Ein Ct-Wert einer Laborprobe sage etwas darüber aus, wie viel Virus in der Probe enthalten ist.
So waren unter anderem Beschäftigte als positiv eingestuft worden, die erst im Dezember an COVID-19 erkrankt und damals in Quarantäne gewesen waren. Lars Alexander Schneider, stellvertretender Ärztlicher Direktor, hat laut dem Schwarzwälder Boten die Situation im Februar wie folgt beschrieben:
"Je mehr wir getestet haben, desto mehr fraglich positive Befunde oder positive Befunde mit sehr hohen Ct-Werten bekamen wir."
Für die Ärzte habe sich aus den Laborwerten kein schlüssiges Bild ergeben, zumal die meisten Personen keinerlei Symptome aufgewiesen hätten. "Diese Ergebnisse haben überhaupt nicht zur Realität gepasst, denn wir hätten schon rein rechnerisch bei so vielen Corona-Infizierten deutlich mehr Erkrankte haben müssen", so Schneider.
Dennoch: Das gesamte Personal wurde Mitte Februar vom Rottweiler Gesundheitsamt wegen der unklaren Situation als Kontaktperson 1 (KP1) eingestuft, von den Familienangehörigen abgesondert und in Pendlerquarantäne geschickt. Als solche dürfen sie lediglich von ihrem Wohnort zur Klinik und wieder zurückfahren. Zuhause mussten sie sich von der Familie absondern – also keine gemeinsamen Mahlzeiten einnehmen, auf die Desinfektion von Flächen in Küche und Bad achten und Abstand zu den Familienmitgliedern halten.
Alle Mitarbeiter mit positiven Befunden jeglicher Art mussten in häusliche Quarantäne; fraglich Positive konnten individuell freigetestet werden. Auch alle Patienten, die in dieser Zeit in der Klinik stationär behandelt wurden, galten als KP1.
Erst eine wiederholte Testung des Labors des Landesgesundheitsamtes hat Entwarnung gegeben. Klinikgeschäftsführer Tobias Grundmann erklärte laut Mitteilung: "Ich bin dem Rottweiler Gesundheitsamt sehr dankbar, dass es in der letzten Woche nochmals eine konzertierte Testung befürwortet hat, damit wir Klarheit bekommen." Fast 400 Klinikbeschäftigte ließen sich erneut abstreichen, diesmal seien die Proben direkt ins Labor des Landesgesundheitsamtes nach Stuttgart gegangen. Es liegt also nahe, dass die Ergebnisse eines zuvor damit beauftragten Labors im Wesentlichen fehlerhaft waren.
Das Rottweiler Gesundheitsamt teilte Ende letzter Woche mit, dass von 398 getesteten Mitarbeitern nur sieben positiv auf SARS-CoV-2 getestet worden seien. Aber auch sie wurden aufgrund der niedrigen Ct-Werte als nicht infektiös eingestuft. Für die Klinik bedeutet dies, dass alle Getesteten als Corona-negativ galten und sie die im Februar getroffenen Quarantäneregelungen für ihre Mitarbeiter hätte aufheben können.
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