Grünen-Politiker Özdemir pocht auf baldigen Umstieg auf Elektroantrieb

Wie sieht er die Zukunft der deutschen Autoindustrie? Was hält er vom Verbrennungsmotor? Wie will er den Wandel zur Elektromobilität fördern? Cem Özdemir (Grüne), Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Bundestag, hat ganz spezielle Vorstellungen.

In einem Interview mit dem Berliner Tagesspiegel erneuerte der 55-Jährige die Forderung der Grünen, bis 2030 aus dem Verbrennungsmotor auszusteigen. Er sieht sich dabei in guter Gesellschaft, denn selbst der bayerische CSU-Ministerpräsident Markus Söder sei mittlerweile bereit, Benzin- und Dieselmotoren abzuschaffen. Der ehemalige Fraktionschef der Grünen sagte:

"Heute nennt sogar Markus Söder 2035 als Ausstiegsdatum, nur hat er das seinem Verkehrsminister noch nicht erklärt."

Özdemir lobte ausländische Autokonzerne wie Volvo oder General Motors, die ihrerseits bereits Exit-Strategien aus dem Verbrennungsmotor lieferten und selbst Ausstiegsdaten genannt hätten.

Deutsche Konzernlenker wie beispielsweise Markus Duesmann (Audi) oder Herbert Diess (VW) seien noch nicht so weit, doch sieht Özdemir auch bei ihnen die "Bereitschaft zur Veränderung". Sie unterstützten die Antriebswende und neue Besteuerungssysteme, die die wahren ökologischen Kosten von Verbrennern abbildeten und saubere Mobilität förderten. Auch Daimler erweitere sein Angebot an E-Fahrzeugen mittlerweile massiv. Özdemir ergänzte: 

"Die Autobosse wissen: Wenn wir weitermachen wie bisher, wird es kein deutsches Auto mehr geben. Dann wird es der Industrie gehen wie Nokia. Der einstige Weltmarktführer für Handys hat damals mit Arroganz auf das Smartphone reagiert und schrumpfte in dem Bereich zum Nischenhersteller."

Von der Bundesregierung wünscht sich Özdemir ein "klares politisches Signal zugunsten des batterieelektrischen Antriebs im Pkw-Bereich – bei gleichzeitigem Kohleausstieg und Ausbau der Ladeinfrastruktur". Dann, so Özdemir, wäre die Richtung klar, die Autoindustrie hätte Planungssicherheit und könnte den Turbo einlegen. "Und auch die Kundinnen und Kunden hätten keine Verunsicherung mehr", so der Grünen-Politiker weiter. Wenn man sich künftig alle Türen offen halten wolle, schade das sowohl Herstellern als auch der Zulieferindustrie. So werde "der notwendige Transformationsprozess" weiter aufgeschoben. Das solle den Beschäftigten erspart bleiben.

Skeptisch äußerte sich Özdemir zu weiteren neuen Technologien, die ebenfalls auf Verbrennungsmotoren basieren, wie beispielsweise der Wasserstoffantrieb. Der 55-Jährige sagte: 

"Synthetische Kraftstoffe, von denen die FDP und Teile der Union träumen, sind bisher nur in Reagenzglasmengen vorhanden und nach wie vor viel zu teuer. 4,50 Euro pro Liter, vor Steuern, kann sich dann nur ein sehr kleiner Teil der Gesellschaft leisten."

Insgesamt wollten die Grünen weniger Autos auf den Straßen.
Das solle jedoch durch "klimafreundliche Aktivitäten und effizientere Nutzung" erreicht werden und nicht etwa dadurch, dass nur noch Reiche synthetischen Sprit tanken könnten.

Im Interview erklärte Özdemir, dass er einen kompletten Verzicht auf Autos für unrealistisch hält, vor allem in ländlichen Regionen fehlt es nach wie vor an Alternativen. Doch er forderte mehr Tempo beim Ausbau der Bahn oder etwa bei E-Mobilität. Auch mehr Investitionen in Rad- und Fußwege sind nötig. Der Bund solle mehr Radschnellwege als Verbindung zwischen den Städten vorantreiben. Schnelle E-Bikes, sogenannte S-Pedelecs, spielten in Deutschland praktisch kaum eine Rolle. "Da geht mehr, gerade auch für Pendlerinnen und Pendler", meint Cem Özdemir. 

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