Ab diesem Montag beginnen die einzelnen Bundesländer damit, die auf der vergangenen Bund-Ländern-Konferenz beschlossenen Lockerungen umzusetzen. Vorgesehen ist dabei auch eine sogenannte "Corona-Notbremse". Diese soll greifen, wenn aufgrund der Lockerungen die Zahl der "Infektionen" in einem Bundesland wieder höher steigt als die Zahl 100 pro 100.000 Einwohner.
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach warnt bereits seit geraumer Zeit vor einer sogenannten "Dritten Welle", vor allem aufgrund der sich ausbreitenden neuen Varianten des Coronavirus. Am Sonntag argumentierte der Mediziner in der ZDF-PolittalkshowAnne Will, die "Notbremse" werde schon bald greifen müssen:
"Die Notbremse bei 100, die ist Gold wert, denn die werden wir brauchen."
Schon bald werde eine "Mutation so verbreitet" sein, "dass es eine ganz neue Dynamik" gibt, prophezeite der SPD-Politiker.
Inzwischen setzte jedoch das Land Brandenburg in seiner neuesten Corona-Verordnung den auf dem Bund-Länder-Gipfel den vorgesehenen Inzidenzwert herauf, von 100 auf 200. Somit dürften Kreise und kreisfreie Städte erst ab einem Inzidenz-Wert von 200 über mindestens drei Tage wieder schärfere Maßnahmen verordnen. Anders als von Bund und Ländern beschlossen, ist dabei nicht explizit vermerkt, dass bereits ab einem Wert von über 100 "Neuinfektionen" pro 100.000 Einwohner (im Verlauf einer Woche) die vereinbarten Lockerungen quasi automatisch wieder ausgesetzt werden.
Nun muss sich die Brandenburger Landesregierung gegen scharfe Kritik und insbesondere gegen den Vorwurf wehren, sie weiche im Alleingang die von Bund und Ländern vereinbarte "Corona-Notbremse" auf. Lauterbach zeigte sich anschließend empört und reagierte auf dem Kurznachrichtendienst Twitter mit heftiger Kritik:
"Das ist mittelgradig unglaublich. Lockerungen werden beschlossen, wie in MPK vereinbart, aber Notbremse wird von 100 auf 200 (!) erhöht."
Sollten sich weitere Länder daran ein Beispiel nehmen, werde es eine "schwere 3. Welle geben und dann langen Lockdown", lautete die düstere Vorhersage des Epidemiologen.
Der Brandenburger Regierungssprecher Florian Engels wies die Kritik inzwischen zurück. Sollte sich der landesweite Wert einer Inzidenz von 100 beharrlich nähern, werde die Landesregierung entscheiden, welche konkreten Schritte ab Überschreiten der 100er-Linie über drei Tage hinaus ergriffen würden. Dabei sollten auch andere Kriterien berücksichtigt werden, wie etwa die Auslastung des Gesundheitssystems oder der Impfstatus.
Auch Die Linke fand jedoch kritische Worte für das Vorgehen in Brandenburg. So nannte die Co-Vorsitzende der Linkspartei, Janine Wissler, die Brandenburger Regelung einen "ziemlichen Wahnsinn".
"Das gefährdet das Leben und die Gesundheit von Menschen. Ich finde schon die Inzidenz von 100 als Notbremse ziemlich ungeeignet."
Derzeit erhalten alle Personen ab 18 Jahren in Brandenburg mittlerweile ein Impfangebot mit dem Corona-Impfstoff des britisch-schwedischen Herstellers AstraZeneca. Dazu erklärte die Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Bündnis 90/Die Grünen):
"Es ist sehr positiv, dass der Impfstoff AstraZeneca von der STIKO (Ständige Impfkommission) nun auch für Personen über 65 Jahre empfohlen wird. Unsere landesweite Impfkampagne gewinnt dadurch an zusätzlicher Dynamik."
Das Impfpräparat sei "ein sicherer und hoch wirksamer Impfstoff". Die anfängliche Skepsis in Teilen der Bevölkerung sei verflogen, bekräftigte die Landesministerin.
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