Handel fordert in Brandbrief Ende der Schließungen zum 8. März

Nach monatelangem Lockdown sollen abhängig vom regionalen Infektionsgeschehen vereinzelt Baumärkte und Gartenbaugeschäfte eröffnen. Dem Handelsverband (HDE) ist das zu wenig. Er fordert von Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) die Öffnung aller geschlossenen Geschäfte ab dem 8. März.

Baden-Württembergs Landeschef Winfried Kretschmann (Grüne) sieht derzeit keine schnellen Öffnungsschritte. Zunächst müsse die Infrastruktur für massenhafte Schnell- und Selbsttests stehen.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) warb für vorsichtige Öffnungen. Einer der größten Konfliktpunkte bleibt, welche Inzidenzwerte man für welche Öffnungsschritte voraussetzt. Bisher gilt, dass nur in Regionen unter 35 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner Läden mit einer Begrenzung der Kundenzahl wieder öffnen können. Ab einem Inzidenzwert, der noch festgelegt werden muss, könnte zumindest Einkaufen nach Terminbuchung („Click & Meet“) und mit Kontaktnachverfolgung erlaubt sein.

In einem Schreiben an das Bundeskanzleramt machen Handelsverbandschef Deutschland (HDE) Josef Sanktjohanser und HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth die große Enttäuschung des Einzelhandels über den aktuellen Entwurf für die weiteren Corona-Maßnahmen deutlich.

Einkaufen sei nachweislich kein Infektionsherd. Deshalb sei es nicht zu verstehen, warum der Lockdown für den Handel weiter verlängert werden sollte. Die Zulassung von Einkaufen mit Terminvereinbarung könne die meisten Händler wirtschaftlich nicht retten. Die Geschäfte müssten am 8. März wieder öffnen dürfen. HDE-Präsident Josef Sanktjohanser schrieb an den Kanzleramtsminister Helge Braun, was RT DE vorliegt:

"Es ist enttäuschend, dass die ursprünglich für den 10. Februar und dann für den 3. März fest zugesagte, sichere und gerechte Öffnungsstrategie immer noch nicht vorliegt. Und dies, obwohl die Wirtschaft gemeinsam mit dem Bundeswirtschaftsminister und den Wirtschaftsministern der Länder dafür klare Vorschläge gemacht hat."

Der Einzelhandel sei nachweislich kein Infektionsherd. Das Robert Koch-Institut stufe sowohl das Infektionsrisiko im Einzelhandel als auch den Anteil des Einzelhandels am allgemeinen Infektionsgeschehen als "niedrig" ein.

Die im Entwurf vorgesehenen Möglichkeiten für den Einkauf mit Terminvereinbarung, auch "Click & Meet" genannt, sind nach Auffassung des HDE kein deutlicher Schritt hin zu der lange überfälligen Öffnungsstrategie für den gesamten Einzelhandel. Für die allermeisten Geschäfte seien dabei die Personal- und Betriebskosten höher als die Umsätze. Der Handelsverband setzt sich deshalb noch einmal mit allem Nachdruck für eine Wiedereröffnung des Einzelhandels ein. So heißt es in dem Schreiben:

"Eine erneute Verschiebung der Wiedereröffnung des Einzelhandels hätte für viele Tausend Einzelhändlerinnen und Einzelhändler und ihre Beschäftigten verheerende Folgen. Wir möchten Sie daher eindringlich auffordern, die Wiedereröffnung des gesamten Einzelhandels auf der Basis der funktionierenden Hygienekonzepte zum 8. März zu ermöglichen." 

Der Brief ging auch an Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) und den Regierenden Bürgermeister Berlins, Michael Müller (SPD).

Laut Institut für Wirtschaftsforschung sind viele Firmen mittlerweile akut gefährdet. Bei insgesamt 30 Prozent ist die Eigenkapitalquote gesunken. Inzwischen plant laut einer HDE-Umfrage mehr als ein Viertel der Bekleidungshändler, gegen die Schließung des eigenen Geschäfts vor Gericht zu ziehen. Klagen wollen auch Deutschlands größte Buchhandelskette Thalia und der Textilhändler Ernsting's family, wie die Firmenchefs Michael Busch und Timm Homann ankündigten.

Mehr zum Thema - "Wirtschaftsgipfel": Altmaier und Verbände wollen Corona-Öffnungsstrategie erarbeiten