SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach kann sich Lockerungen nach dem Bund-Länder-Gipfel am 3. März vorstellen, aber nur unter bestimmten Bedingungen. Nämlich dann, wenn Kanzlerin und Ministerpräsidenten sich auf eine neue Impf- und Teststrategie einigen würden. Das sagte er in der Sendung Aktuelle Stunde im WDR.
Sein Vorschlag für Öffnungen im Einzelhandel: "Nur derjenige darf in die Geschäfte, der an dem Tag getestet wurde." Denkbar wären diese Testungen in den Betrieben selbst oder in Testzentren. Zudem forderte er erneut, den AstraZeneca-Impfstoff angesichts der sich immer stärker ausbreitenden Mutationen des Coronavirus endlich auch für Senioren jenseits der 65 zuzulassen.
Noch vor wenigen Tagen sprach sich Lauterbach im Interview mit der Passauer Neuen Presse deutlich gegen zügigere Lockerungen aus. Der Lockdown müsse beibehalten werden, denn die dritte Infektionswelle "hat angefangen und lässt sich auch nicht mehr aufhalten".
"Der Lockdown wirkt nicht stark genug gegen die Virus-Mutationen, und zwar B 1.1.7. und die südafrikanische. Inzwischen ist der Anteil der mutierten Varianten an den Neuinfektionen so hoch, dass aus dem Lockdown heraus die nächste Welle beginnt", sagte er.
Anfang der Woche sprach sich Bundeskanzlerin Angela Merkel für eine vorsichtige Strategie bei möglichen Öffnungen aus. Öffnungsschritte müssten an vermehrte Tests gekoppelt und klug eingeführt werden, äußerte Merkel nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur am Montag in einer Online-Beratung des CDU-Präsidiums.
Doch kurze Zeit später veröffentlichte Bild die Information, dass der Kanzleramtschef Helge Braun selbst derzeit "keine Öffnungen" für möglich halte. Somit könnten sich etwaige Öffnungspläne oder ein "Vier-Stufen-Plan" bis auf Weiteres verschieben. Eine von Braun geleitete Arbeitsgruppe soll bis zur kommenden Bund-Länder-Beratung am 3. März einen entsprechenden Vorschlag erarbeiten.
Witz über Lauterbach – SPD fordert öffentliche Entschuldigung
Derweil sorgt ein Internet-Meme für Streit zwischen Koalitionspartnern in Mecklenburg-Vorpommern. Der Innenminister des ostdeutschen Bundeslandes, Torsten Renz (CDU), habe sich in sozialen Medien über Lauterbach lustig gemacht. Er teilte auf Instagram und auch bei WhatsApp ein Video des SPD-Gesundheitspolitikers, in dem dieser sich mehrmals verhaspelte, wie die Ostsee-Zeitung (OZ) berichtete. Dazu schrieb der CDU-Politiker: "Mal ehrlich, der raucht doch Pflanzen?"
Er unterstelle Lauterbach indirekt, Drogen zu konsumieren, hieß es empört vonseiten der SPD in Schwerin. Bei Instagram wurde der Post inzwischen gelöscht, nachdem es dort bereits Kritik gehagelt hatte. Renz selbst sagte auf OZ-Anfrage:
"Keineswegs hatte ich die Absicht, politische Mitbewerber in sozialen Medien oder auf sonstige Weise zu diskreditieren. Im Gegenteil: Die Ansichten des ausgewiesenen Fachmannes Lauterbach in der Corona-Problematik respektiere ich, mit vielen stimme ich überein."
Er habe Text und Video lediglich geteilt – also weiter verbreitet. Die Worte würden jedoch nicht von ihm selbst stammen. Dennoch, der SPD reicht das nicht. Sie fordert mehr Fingerspitzengefühl von Renz – und eine Entschuldigung an Lauterbach: "Prof. Lauterbach ist einer der anerkanntesten Epidemiologen Deutschlands und Vertreter der freien Wissenschaft. Für seine Thesen zum Umgang mit Corona wird er von einer Online-Allianz von Corona-Leugnern bis Rechtsradikalen auf schändlichste Weise attackiert, beleidigt und sogar mit dem Tode bedroht", sagt Julian Barlen, Generalsekretär der Landes-SPD.
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