Zahlreiche Touren, Festivals und Einzelkonzerte, oft aus dem Vorjahr übernommen, füllen derzeit noch die Terminkalender der Livemusikhungrigen. Doch verschiedene Veranstalter betrachten die Realisierung, gerade von Konzerten in geschlossenen Räumen, als schwierig. Juliane Kindermann von Booking United, einen Zusammenschluss verschiedener Konzert- und DJ-Agenturen, meint.
"Ich glaube nicht, dass wir dieses Jahr noch richtige Club- und Konzertnächte erleben werden, wie wir das kennen."
Sie prognostiziert für 2021 lediglich die Möglichkeit kleiner Open-Air-Events im Sitzen.
Rudenz Schramm vom Steintor-Variété in Halle stößt in das gleiche Horn:
"Stehkonzerte, sowas wird ganz weiter nach hinten rücken. Aber überall, wo ich platzgebunden die Eintrittskarten verkaufen kann, wo ich auch weiß, wer wo sitzt, dass im Infektionsfall die Nachverfolgung möglich ist – das ist sicherlich denkbar."
Entscheidend ist für alle das Hygienekonzept, das heißt regelmäßig Lüften und Abstand halten. Dazu fällt die Auslastung auf 25 bis zehn Prozent der maximalen Gästezahl. Mit der Realität "vor Corona" hat das freilich wenig gemeinsam. Dafür seien kleine Konzerte auf diese Art ohne Impfungen und Tests möglich, wie der Hallesche Infektiologe Stefan Moritz mit der Restart19-Studie herausgefunden hat.
Weil unklar ist, ob Geimpfte das Virus weiterhin übertragen, dürfen diese auch nicht ohne Maske etc. auf Veranstaltungen. Schnelltests, die es prinzipiell schon seit Sommer letzten Jahr hätte geben können, kommt eine Schlüsselrolle zu, so Moritz:
"Wenn man Besucher unmittelbar vor einer Veranstaltung abstreichen würde, dann könnte man – da müsste man genau über die Rahmenbedingungen nachdenken – nah an die 100 Prozent herankommen, und das wäre vertretbar."
Die arg gebeutelte Veranstaltungsbranche hofft bei der Umsetzung der Maßnahmen auf Unterstützung der Bundesregierung, wie sich Jens Michow vom Verband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft ausdrückt:
"Da entstehen Kosten, die weit über das Material hinausgehen. Und da erwarten wir schon, dass der Bund sich daran beteiligt. Wir werden das nicht auf den Verbraucher abwälzen können, und dass die Veranstalter das unter gegebenen Umständen nicht tragen können, ist auch jedem klar."
Nicht nur die Veranstalter hadern mit der zögerlichen staatlichen Hilfestellung, der permanenten Unsicherheit und dem offenkundig geringen Ansehen der Kulturbranche. Auch zahlreiche Musiker, die in Zeiten, in denen die meisten Menschen keine Notwendigkeit mehr sehen, für Musik und physische Tonträger Geld auszugeben, erst recht auf Einnahmen aus Live-Aktivitäten angewiesen wären, haben bereits resigniert. Der Nachwuchsmusiker Johann Beger aus dem sächsischen Bischofswerda, bekannt unter dem Künstlernamen "JPattersson", ist mit seiner Geduld ein Jahr nach Beginn der Corona-Krise am Ende. Er hat sich entschieden, seine Musikerkarriere zu beenden und ein Referendariat als Sport- und Musiklehrer zu beginnen.
Der WHO-Generaldirektor für Europa, der Belgier Hans Henri Kluge, äußerte sich zuletzt jedoch zuversichtlich, dass Corona schon in wenigen Monaten überwunden sein wird. Die auftretenden Mutationen seien "normal" und führten nicht dazu, dass das Virus außer Kontrolle gerate. So fielen die "Infektionsraten" in Ländern mit hohen Mutationsinzidenzen ebenso stark wie anderswo. Die schlimmsten Szenarien seien vorbei. Kluge führte aus:
"Es wird weiterhin ein Virus geben, aber ich glaube nicht, dass Einschränkungen nötig sein werden. Das ist eine optimistische Aussage."
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