Das neue Führungsduo der Linken ist nun komplett: Am Samstag hat die Partei die hessische Landtagsfraktionschefin Janine Wissler und die thüringische Landeschefin Susanne Hennig-Wellsow den Vorsitzenden gewählt. Sie lösen somit die bisherigen Chefs Katja Kipping und Bernd Riexinger ab. Die Wahl der neuen Spitze muss anschließend noch per Briefwahl bestätigt werden.
An der Online-Abstimmung beteiligten sich rund 600 Delegierte. Die Reden wurden in einer Veranstaltungshalle in Berlin gehalten. Die Delegierten waren zu Hause über ein Programm eingeloggt, über das der Livestream geschaut, mitdiskutiert und auch abgestimmt werden konnte. Auf der sogenannten gemischten Wahlliste standen zwar auch zwei männliche Gegenkandidaten. Sie erhielten aber nur 104 bzw. 15 Stimmen. 39 Delegierte enthielten sich. Kipping und Riexinger hatten die Linke seit dem Jahr 2012 geführt und wollten eigentlich bereits im vergangenen Juni ihre Amtszeit beenden, wegen der COVID-19-Pandemie wurde der Parteitag seitdem aber zweimal verschoben.
Wissler und Hennig-Wellsow riefen ihre Partei zur Geschlossenheit auf, setzten aber auch unterschiedliche Akzente. Wissler sagte in ihrer Vorstellungsrede, man wolle die Gesellschaft grundsätzlich verändern:
"Es geht nicht nur um ein größeres Stück vom Kuchen. Es geht ums Ganze, es geht um die Bäckerei."
Sie appellierte an die Gemeinsamkeiten innerhalb ihrer Partei: Alle seien in die Linke eingetreten, weil sie sich über Armut empörten, Ungerechtigkeit nicht hinnehmen wollten, den Krieg verachteten und wüssten, dass der Faschismus nie wieder siegen und der Kapitalismus nicht das Ende der Geschichte sein dürfe.
Wissler wuchs in Langen nahe Frankfurt auf und studierte Politikwissenschaft. Sie engagierte sich früh im globalisierungskritischen Netzwerk Attac. Im Jahr 2004 war sie eine der Gründerinnen der hessischen Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit (WASG), die aus Protest gegen die Agenda-Politik der rot-grünen Bundesregierung entstand und im Jahr 2007 in der Linken aufging. Mit 26 Jahren zog sie das erste Mal in den Landtag ein.
Auch Hennig-Wellsow rief zur Geschlossenheit auf und warb zudem für ein Bekenntnis der Linken, auch im Bund Regierungsverantwortung zu übernehmen. Sie plädierte dafür, CDU und CSU aus der Bundesregierung zu vertreiben.
Hennig-Wellsow wurde in Mecklenburg-Vorpommern geboren und startete nach dem Pädagogikstudium in Erfurt im Jahr 2001 als Mitarbeiterin der linken Landtagsfraktion in die Politik. Seit dem Jahr 2014 steht sie sowohl an der Spitze der Fraktion als auch des Landesverbands.
Die neue Doppelspitze will die Linke in den Umfragen nach vorn bringen. Dort steht sie momentan zwischen sieben und acht Prozent. Die wohl größte Herausforderung wird es sein, die traditionell sehr unterschiedlichen Strömungen innerhalb der Partei zusammenzuführen. Immer wieder gibt es Streit über die inhaltliche Ausrichtung. (dpa)
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