Der Impfstoff des britisch-schwedischen Herstellers AstraZeneca genießt keinen guten Ruf. Die allgemeine Wirksamkeit liegt laut Europäischer Arzneimittelbehörde (EMA) bei 60 Prozent. Laut der Ständigen Impfkommission (STIKO) sei die Wirksamkeit des AstraZeneca-Vakzins AZD1222 bei Älteren nicht ausreichend belegt. Daher wurde die Empfehlung ausgegeben, den Vektorimpfstoff nur bei 18- bis 64-Jährigen anzuwenden.
Zudem gibt es neue Entwicklungen, was die Impfreihenfolge anbelangt. So wurden am Mittwoch Beschäftigte in Kitas, in der Kindertagespflege sowie in Grund- und Förderschulen von der dritten in die zweite Gruppe der Impf-Reihenfolge hochgestuft. Dazu erklärte Gesundheitsminister Spahn am Donnerstag im Deutschlandfunk:
"Die Mengen an Impfstoff die wir verfügbar haben – übrigens gerade mit Blick auf die 18- bis 64-Jährigen und AstraZeneca – die machen aus meiner Sicht diesen Schritt möglich."
Der Berliner Impfzentren-Organisator Albrecht Broemme erklärte am Mittwoch gegenüber RT DE:
"Wir hatten nur 400 Gäste am Zentrum in Tegel, wo nur AstraZeneca verimpft wurde. Das lag an dem schlechten Ruf des Stoffes. Ich kann das nicht verstehen, denn für Unter-65-Jährige hat das Präparat doch eine gute Wirkung."
Sogar der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier schaltete sich nun am Donnerstag während einer Online-Veranstaltung vor Mitarbeitern aus dem Gesundheitswesen in Bayern in diese Debatte ein:
"Alle von der Europäischen Union zugelassenen Impfstoffe sind wirksam, sind verträglich."
Zudem halte er das Aussuchen eines bestimmten Impfstoffs für ein "ziemliches Luxusproblem".
Es gelte dabei zu berücksichtigen, dass es in anderen Ländern Menschen gebe, "die im ganzen Jahr nicht die Aussicht haben, eine Impfung zur Verfügung zu bekommen". Für diese Tatsache machte WHO-Direktor Tedros Adhanom Ghebreyesus zuletzt vor allem die "reichen Länder" und deren Verträge mit den Impfstoffherstellern verantwortlich. Durch die entsprechenden Absprachen hätten zuvor bereits vereinbarte Impfstoffzuteilungen für ärmere Länder über die Impfstoffplattform COVAX der UN reduziert werden müssen.
Die nun etwa durch die "Vereinigten Staaten, die Europäische Union und Deutschland" für das Impfstoffverteilungsprogramm COVAX zur Verfügung gestellten Gelder seien wertlos, wenn es dafür keine Impfstoff zu kaufen gebe.
"Selbst wenn Sie das Geld haben, wenn Sie das Geld nicht zum Kauf von Impfstoffen verwenden können, bedeutet es nichts, das Geld zu haben."
Was die von Steinmeier zuletzt propagierte "Wirksamkeit und Verträglichkeit" anbelangt, regte sich zuletzt Unruhe auch in den Reihen der Berliner Polizei. 12.000 Berliner Beamte dürfen sich von nun an ebenfalls gegen COVID-19 impfen lassen – mit dem gemeinsam mit der Universität Oxford entwickelten Vakzin aus dem Hause AstraZeneca. 24.000 Impfdosen des britisch-schwedischen Herstellers wurden dafür zur Verfügung gestellt. Laut der Berliner Zeitung tauschten sich Polizisten allerdings "in internen Chats über ihre Bedenken zu dem Vorhaben der Politik" aus.
Der Bundespräsident hatte am Donnerstag nur wenig Verständnis für die zuletzt wahrgenommene Zurückhaltung gegen bestimmte Impfstoffe. Das Gebot der Stunde laute:
"Schneller impfen!"
Er selbst und seine Frau würden sich auf alle Fälle impfen lassen.
Der Start der Impfkampagne in Deutschland sei nicht perfekt gewesen, räumte das Staatsoberhaupt ein. Dabei dürfe jedoch eines nicht aus dem Blick geraten:
Es seien die Corona-Impfstoffe, die die "Wende bringen im Kampf gegen das Virus".
Jede einzelne Impfung bedeute, schwere Erkrankung abzuwenden und Menschenleben zu schützen. Jede einzelne Impfung bringe die Menschen dem Alltag wieder näher, nach dem sich alle sehnen.
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