Der derzeit geschlossene Einzelhandel fordert die Bundesregierung sowie die Regierungen der Bundesländer dazu auf, den angekündigten Plan zum Ausstieg aus dem Lockdown sehr zeitnah zu präsentieren. HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth sagte RT DE:
"Viele Händler befinden sich einer dramatischen Situation. Ohne passgenaue staatliche Unterstützung und ohne Öffnungsperspektive werden in vielen Innenstädten in den kommenden Wochen die Lichter ausgehen."
Eine aktuelle HDE-Umfrage macht deutlich, dass sich für das laufende Jahr ohne weitere staatliche Hilfen mehr als 60 Prozent der Innenstadthändler in Insolvenzgefahr sehen. Eine Ursache dafür liegt in den nach wie vor oft zu bürokratischen und zu langsam fließenden staatlichen Hilfen.
So erhielten die vom Lockdown betroffenen Händler im vergangenen Jahr im Durchschnitt lediglich 11.000 Euro an Unterstützung. Drei Viertel der befragten Unternehmen stellen deshalb fest, dass die aktuellen Hilfsmaßnahmen nicht zur Existenzsicherung ausreichen. Timm Homann, Chef bei Ernsting's family, meint:
"Hilfen kommen nicht an, Regelungen sind völlig unsinnig, Ausgrenzungen waren und sind an der Tagesordnung: Die Unterstützung orientiert sich nicht an dem jeweiligen individuellen Schaden unserer Milliarden-Verluste."
Der Einzelhandel fordert deshalb nach wie vor Nachbesserungen bei den Hilfsprogrammen und mehr Tempo bei der Auszahlung. Wie verzweifelt die Lage für viele Einzelhändler mittlerweile ist, lässt sich auch in der hohen Klagebereitschaft ablesen. So planen mehr als ein Viertel der befragten Bekleidungshändler, gegen die Schließung des eigenen Geschäfts vor Gericht zu ziehen.
Ein weiterer Grund für die verbreiteten Pläne, vor Gericht zu ziehen, ist auch die Enttäuschung über die mangelnde Anerkennung der Politik für die hervorragend funktionierenden Hygienekonzepte der Branche. Michael Busch, Geschäftsführender Gesellschafter der Thalia Bücher GmbH:
"Wer davon spricht, dass die Krise so groß ist wie nach dem Zweiten Weltkrieg, muss auch so handeln – das Wirtschaftswunder wurde nicht im Lockdown erarbeitet. Wir wollen an einer Öffnung teilhaben. Es muss jetzt in Lösungen gedacht werden. Einkaufen ist auch in Pandemiezeiten eine sichere Sache."
Dass das verantwortbar möglich ist, zeigt auch eine Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) und der Berufsgenossenschaft für Handel und Warenlogistik (BGHW). Demnach konnte unter den Beschäftigten der Branche kein erhöhtes Infektionsgeschehen festgestellt werden.
Nach einer Umfrage der ECE Projektmanagement (die Einkaufs-Center Entwicklung unterhält 180 Einkaufscentren, 141 davon in Deutschland) stehen bei den 91 an der Umfrage teilnehmenden Händlern mehr als 1.300 Geschäfte zur Disposition. ECE verzichtete bisher auf 75 Millionen Euro Mieteinnahmen von seinen Ladenmietern in den Einkaufszentren.
Bereits durch einen Lockdown bis zum 7. März sehen sich mehr als die Hälfte der Händler in ihrer Existenz gefährdet. Bei einem Lockdown über den 7. März hinaus steigt der Anteil der Händler, die sich in ihrer Existenz gefährdet sehen, auf 80 Prozent. Fast jeder Händler (85 Prozent) denkt daher bereits über die Schließung von Geschäften und/oder über die Entlassung von Mitarbeitern nach. Bei etwa drei Viertel der Händler droht ein Abbau von Arbeitsplätzen. Im Durchschnitt plant jeder Händler – egal ob groß oder klein – 72 Arbeitsplätze abzubauen. Allein bei den 91 an der Umfrage teilnehmenden Händlern sind dies mehr als 6.500 Arbeitsplätze.
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