Medienbericht: Bundesregierung soll an digitalem Impfpass arbeiten

"Impfangebot" oder "Impfpflicht durch die Hintertür"? Jüngst meldete Israel die Einführung des digitalen Impfausweises. Schwimmbäder und Fitnessstudios stehen für Besitzer des "Grünen Passes" nun offen. Auch in Deutschland wird über den Corona-Impfausweis immer heftiger diskutiert.

Es ist so weit: In Israel öffnen die Schwimmbäder, Hotels und Fitnessstudios wieder ihre Pforten. Einen Haken hat die Sache jedoch: Das vermeintliche Privileg gilt nur für die 2,8 Millionen Israelis, die bereits die obligatorischen beiden Dosen des Corona-Impfstoffs erhalten haben. Mit der Einführung des Impfausweises erhöhte die Regierung in Tel Aviv den Druck auf sogenannte "Impfmuffel".

Nur der digitale "Grüne Pass" ermöglicht den Bürger eine Rückkehr in ein Leben, das schon fast nur noch als Erinnerung an eine ferne Vergangenheit existierte. Vergangene Woche ging der israelische Gesundheitsminister Juli-Joel Edelstein noch einen Schritt weiter:

"Es wird bald Arbeitsplätze geben, bei denen die Arbeiter, um arbeiten zu können, entweder geimpft sein oder sich alle 48 Stunden einem COVID-19-Test unterziehen müssen."

Die Aufteilung der Gesellschaft in Geimpfte, denen Freiheitsrechte wieder gewährt werden, und Nicht-Geimpfte, denen diese verwehrt bleiben, wäre noch vor wenigen Monaten undenkbar gewesen – auch hierzulande. Nicht umsonst wurden auch deutsche Spitzenpolitiker nicht müde, von einem "Impfangebot" zu sprechen. Eine flächendeckende "Impfflicht" werde es nicht geben. Wer derlei behauptete, galt unlängst noch als ein Verschwörungstheoretiker.

Doch selbst ohne konkrete Impfpflicht dürfte sich wohl ein erheblicher Teil der "Impfmuffel" für eine Corona-Impfung entscheiden, wenn ansonsten die Teilnahme am öffentlichen Leben nicht mehr möglich oder gar der eigene Arbeitsplatz gefährdet ist. Bereits kurz nach dem Impfstart in Deutschland am 27. Dezember relativierte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU):

"Keiner sollte Sonderrechte einfordern, bis alle die Chance zur Impfung hatten."

Und "hinter den Kulissen" scheint man bereits daran zu arbeiten, strukturell die Weichen für die entsprechenden Sonderrechte zu konstruieren. Das will zumindest der Business Insider durch Recherchen erfahren haben. So prüften das Bundesgesundheitsministerium und auch das Bundesinnenministerium "die bundesweite Einführung eines digitalen Impfpasses".

Dieser würde es dann den Besitzern etwa von Restaurants und Fitnessstudios ermöglichen, nur noch dem geimpften Teil der Klientel den Zutritt zu gewähren. Und schon längst steigt auch der Druck, besonders aus den Reihen der durch SARS-CoV-2 gebeutelten Privatwirtschaft, nach Privilegien für Geimpfte. So befördern diverse Airlines nur noch Fluggäste, die gegen COVID-19 geimpft sind.

Im Interview mit der Wirtschaftswoche verkündete der Vorstandsvorsitzende des großen Anbieters von Veranstaltungstickets CTS Eventim Klaus-Peter Schulenberg Anfang Februar:

"Wenn es genug Impfstoff gibt und jeder sich impfen lassen kann, dann sollten privatwirtschaftliche Veranstalter auch die Möglichkeit haben, eine Impfung zur Zugangsvoraussetzung für Veranstaltungen zu machen."

Der Ethikrat lehnte zuletzt noch eine staatlich vorgeschriebene Impfpflicht in Deutschland ab. Gleichzeitig wurde jedoch festgehalten, dass es privaten Unternehmen freistehe, entsprechende Unterscheidungen vorzunehmen. Ohnehin gebe es jedoch laut der Vorsitzenden des Deutschen Ethikrats Alena Buyx eine moralische Verpflichtung, sich impfen zu lassen:

"Gibt es eine moralische Pflicht, sich impfen zu lassen? Ja."

Für die einen droht damit eine "Impfflicht durch die Hintertür", für die anderen sind hier lediglich die Mechanismen der "freien Marktwirtschaft" am Werk, allerdings Unternehmer in einer "freien" Marktwirtschaft, die nach einem Jahr ausgerufener Pandemie jedoch selbst unter einem enormen wirtschaftlichen Druck stehen.

Mittlerweile wird auch schon längst auf höchster Ebene der Europäischen Union (EU) die Einführung von Corona-Impfpässen vorangetrieben. Wie die EU-Kommission Ende Januar mitteilte, einigten sich die EU-Staaten auf Empfehlungen, welche Informationen solche Dokumente enthalten sollten. Dabei geht es um die Vergleichbarkeit und gegenseitige Anerkennung in den 27 Mitgliedsstaaten der EU.

Ziel sei es, den Impfstatus einer Person rasch und eindeutig festzustellen, heißt es in diesen Richtlinien. Später könnten damit auch weitere Informationen verlinkt werden.

Die Richtlinien werden nun weiter beraten und ausgearbeitet. Wann die vergleichbaren Impfzertifikate eingeführt werden, blieb offen. EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides erklärte:

"Gegenseitig anerkannte Impfnachweise werden ein wichtiges Instrument für die Bürger während der Pandemie, aber auch, nachdem wir sie überwunden haben."

In Deutschland ist der Corona-Impfpass nicht mehr nur Theorie. Der Landkreis Altötting in Bayern vergab bereits Ende Januar eine erste digitale Impfkarte. Nach Informationen des Landratsamtes sei der Landkreis mit der Lösung bundesweit Vorreiter.

Erfasst werden demnach auf der Karte Name, Geburtsdatum, Wohnort, ein Foto des Geimpften, der Impfstoff und die beiden Impftermine. Scannt der Geimpfte den Code, kann er die Daten auf einem Smartphone hinterlegen.

Das Vorgehen sei nicht mit dem Gesundheitsministerium abgestimmt worden: "Wir haben das völlig eigenständig umgesetzt", sagte ein Sprecher des Landkreises. Der Vorstoß in Altötting gilt laut Business Insider nun als "Vorbild" für entsprechende Bestrebungen auf Bundesebene.

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