USA liefern ehemaligen KZ-Wächter an Deutschland aus – Vernehmungsauftrag wegen Beihilfe zum Mord

Die US-Behörden haben einen ehemaligen Wachmann des Hamburger Konzentrationslagers Neuengamme an die deutsche Justiz ausgeliefert. Der 95-Jährige hatte zuvor jahrzehntelang im US-Bundesstaat Tennessee unerkannt gelebt. Nun wird ihm Beihilfe zum Mord vorgeworfen.

Friedrich Karl Berger wurde mit einem Ambulanzflugzeug nach Deutschland befördert und landete am Samstag auf dem Frankfurter Flughafen, wie ein Sprecher der Bundespolizei gegenüber der Nachrichtenagentur dpa bestätigte. Die Bundespolizei übergab Berger daraufhin dem hessischen Landeskriminalamt (LKA). Ein LKA-Sprecher sagte, es liege ein Vernehmungsauftrag der Generalstaatsanwaltschaft Celle vor. Der Vorwurf laute Beihilfe zum Mord.

Laut dem Spiegel war Berger im Jahr 1959 nach Tennessee umgesiedelt und hatte dort viele Jahre unerkannt gelebt, wobei er jedoch weithin über diese Zeit hinweg seine deutsche Rente bezogen hatte. Erst der Fund von Karteikarten aus der Nazi-Zeit in einem gesunkenen Schiff in der Ostsee führte die Ermittler auf seine Spur. Nach Angaben von US-Behörden gestand Berger, als Wachmann in einem Außenlager des Hamburger Konzentrationslagers Neuengamme nahe dem niedersächsischen Meppen Gefangene bewacht zu haben. Allerdings habe er angegeben, damals erst 19 Jahre alt gewesen zu sein und lediglich die Befehle seiner Vorgesetzten ausgeführt zu haben.

Im Februar 2020 hatte ein Richter in den USA Bergers Abschiebung angeordnet. Im November 2020 lehnte eine Berufungsinstanz den Einwand des Betroffenen ab. Der Mann sei "aktiver Teilnehmer in einem der dunkelsten Kapitel der Geschichte der Menschheit" gewesen, erklärte ein Vertreter der Einwanderungsbehörde. Die USA würden Kriegsverbrechern keinen Schutz bieten.

In der Begründung des Urteils vom Februar hieß es, in dem Außenlager seien unter anderem Juden, Polen, Russen, Dänen, Niederländer, Franzosen und politische Gefangene inhaftiert gewesen. Sie seien im Winter 1945 unter grauenhaften Bedingungen interniert gewesen und hätten "bis zur Erschöpfung und zum Tod" arbeiten müssen. Dabei seien unter unmenschlichen Bedingungen rund 70 Häftlinge ums Leben gekommen, hieß es weiter.

Im September 2020 hatte die Generalstaatsanwaltschaft Celle die Ermittlungen gegen den Mann übernommen, im Dezember aber "mangels hinreichenden Tatverdachts" wieder eingestellt. Die eingeräumte Bewachung von Gefangenen in einem Konzentrationslager, das nicht der systematischen Tötung der Gefangenen diente, reiche als solche für einen Tatnachweis nicht aus, hieß es damals in der Begründung. Die Ermittlungen hätten den Mann "nicht mit einer konkreten Tötungshandlung in Verbindung gebracht".

Ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Celle sagte der dpa, es gehe zunächst darum, die Aussagebereitschaft des Mannes zu klären. Sollte Berger bereit sein, sich zu äußern, könne das Verfahren jederzeit wieder aufgenommen werden, hieß es. Da Berger für die Wiederaufnahme des Verfahrens praktisch sich selbst belasten müsste, gilt dies eher als unwahrscheinlich.

Das Konzentrationslager Neuengamme wurde im Jahr 1938 im gleichnamigen Hamburger Stadtteil errichtet. Bis zu seiner Befreiung durch die alliierten Truppen am 10. Mai 1945 wurden im KZ Neuengamme und seinen Außenlagern zu verschiedenen Zeiten insgesamt mehr als 100.000 Menschen aus ganz Europa unter menschenunwürdigen Bedingungen gefangen gehalten. In Folge der unmenschlichen Arbeits- und Lebensbedingungen, durch direkte Morde sowie als Opfer der Lagerräumungen verloren mindestens 42.900 Häftlinge ihr Leben.

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(rt/dpa)