Bei der mit Hunderten von Steuer-Millionen unterstützten Verbreitung von Elektroautos und Wärmepumpen hinkt der Ausbau der Stromnetze noch deutlich hinterher. In einem rasch zurückgezogenen Gesetzentwurf seines Hauses zur Stromreduzierung, der sogenannten "Spitzenglättung", musste er nun den Wirtschaftsverbänden erklären, warum nicht nur die Hilfen fließen, sondern demnächst auch der Strom nicht mehr in vollem Umfang. Konkret geht es um künstliche Leistungsverringerungen, um mögliche Engpässe im Stromnetz beim Hochlauf der Elektromobilität zu vermeiden. Sonst drohe eine Überlastung des Stromnetzes.
Ursprünglich wollte er im Rahmen einer Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) den Stromverbrauch in Speichern, Elektrofahrzeugen oder Wärmepumpen von den Netzbetreibern begrenzen lassen, um Spitzen bei der Last zu glätten. Der Vorschlag ist nun vom Tisch, wenn auch noch nicht ganz.
Vertreter der Autoindustrie hatten dies vehement kritisiert. In der Frankfurter Allgemeinen betonte die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie Hildegard Müller, wie wichtig die Elektromobilität sei. Der Netzausbau sei allerdings die Grundvoraussetzung, um die Mobilität der Zukunft zu ermöglichen. Müller sagt dazu:
"Deshalb muss der Netzausbau jetzt energisch voran gebracht werden. Abschaltungen darf es nur im absoluten Notfall geben."
Auch vom Verband kommunaler Unternehmen kamen klare Worte. Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing sagte, dass es ohne die Option, Lastspitzen bei einer zeitweiligen Überbeanspruchung des Netzes zu glätten, in ein paar Jahren in einigen Netzgebieten zu erheblichen Verzögerungen beim Anschluss neuer Ladestationen kommen könne. Liebing meinte:
"Wir brauchen jetzt die richtigen Instrumente für die Integration neuer, flexibler Verbrauchergruppen und für einen planbaren, verlässlichen und sicheren Netzbetrieb."
Regeltechnik-Spezialist und Vizepräsident des Europäischen Instituts für Klima und Energie aus Potsdam (Eike), Michael Limburg, sieht schon in der Wortwahl des Gesetzesentwurfs ein Problem. RT DE sagt er:
"Hier wird keine Spitze geglättet, sondern nur von einem Versuch abgelenkt, einen Blackout in den überlasteten Netzen zu verhindern."
Es werde kaschiert, dass man mit dem Leistungsbau nicht hinterherkomme. Und dieser Mangel werde mit den Gesetzesvorhaben so diffus wie möglich auf andere, auf die Industrie verteilt. Durch ungenaue Vorgaben werden etwa von der Industrie Zugeständnisse erzwungen, die existenzbedrohend sein können. Am Beispiel einer Hamburger Aluminiumhütte erklärt Limburg, wie sich durch eine solche Spitzenglättung die Netzgebühren erhöhen und die Gewinne für die Hersteller dahinschmolzen:
"Wenn Herr Altmaier der Industrie den Strom so zudrehen will, dann bleibt den Herstellern oft nichts anderes übrig, als ins Ausland auszuweichen, wo man sich auf sichere Stromlieferungen und Preise verlassen kann."
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